Diskriminierung von Migranten: "Grundlos von der Polizei kontrolliert"
Er ist Beamter und Deutscher. Aber viele sehen nur seine Hautfarbe. Ravi Rohatgi* über das Misstrauen seiner Kollegen und wie die Polizei Migranten im Alltag ohne Begründung schikaniert.
taz: Herr Rohatgi, fühlen Sie sich wohl in Deutschland?
Ravi Rohatgi: Ich bin in Deutschland geboren. Aber trotzdem will sich das Gefühl nicht einstellen, ein Teil dieser Gesellschaft zu sein.
Können Sie den Frust vieler Migranten verstehen?
Ich konnte studieren und bin mittlerweile Beamter - ich profitiere also von dem, was mir die Gesellschaft hier ermöglicht hat. Aber ich kann Leute verstehen, die Desinteresse zeigen und resignieren. Egal was man für Leistungen und Beiträge erbringt, man sieht vordergründig zunächst immer den Ausländer oder Migranten.
Ein eindrucksvolles Beispiel für den Stand der Integration in Deutschland ist Ravi Rohatgi. Er ist in Berlin geboren. Seine Eltern stammen aus Südasien.
Er ist Ende 20, hat Verwaltungswissenschaften studiert und arbeitet in der Bundesverwaltung als Beamter.
* Seinen echten Namen behält er lieber für sich.
Sie arbeiten in der Bundesverwaltung und tragen meist Anzug. Bewahrt Sie das vor unangenehmen Polizeikontrollen?
Ich bin in den letzten Jahren sechsmal von der deutschen Polizei aufgefordert worden, meinen Personalausweis vorzuzeigen. Meine gleichaltrigen Freunde ohne Migrationshintergrund noch nie. Ich habe braune Haut - sie nicht. Ich verlangte eine Begründung, warum sie ausgerechnet mich überprüfen wollten. Die erfolgte nicht.
Ein Heidelberger Mathematiker aus Kamerun landete kürzlich nach einer Polizeikontrolle in der Klinik. Können Sie seine Wut verstehen?
Da spürt man schon eine gewisse Ohnmacht gegenüber dem Staat. Ich bin selbst ein ganz ruhiger Typ. Ich habe eine schriftliche Anfrage an die Bundespolizeidirektion geschickt, warum gerade ich kontrolliert wurde.
Was war die Reaktion?
In der Stellungnahme steht lapidar: "Eine, wie durch Sie angenommen, zielgerichtete Kontrolle aufgrund Ihrer Herkunft und Ihres Aussehens erkenne ich nicht."
Sie sind in einer relativ privilegierten Stellung: Sie haben studiert und arbeiten in der Bundesverwaltung. Sind Sie da als einer der wenigen Dunkelhäutigen integriert?
Nicht wirklich. Wenn ich eine Beurteilung bekomme und darin steht: "Der mündliche und schriftliche Sprachausdruck ist überdurchschnittlich gut", dann frage ich mich schon, ob das auch bei hellhäutigen Kollegen steht. Als ich angefangen habe, haben sich Kollegen hinter meinem Rücken nach mir erkundigt. So nach dem Motto, bei ihnen arbeitet doch der Mitarbeiter, der recht ungewöhnlich aussieht.
Wie gehen Ihre Kollegen mit Ihnen mittlerweile um?
Ich bin immer der Vorzeigemigrant. Nur neue Kollegen sind noch irritiert: Sie wollen erfahren, welcher "ethnischen Herkunft" ich angehöre. Die folgende Gesprächssituation ist ein Paradebeispiel: "Wo kommst du her?" Aus Deutschland. "Ich meine, wo bist du geboren?" In Deutschland! "Nein, ich meine doch, wo kommen deine Eltern her oder welche kulturellen und ethnischen Wurzeln hast du?"
Was muss sich verbessern?
Die staatlichen Organe - ich arbeite ja dort - haben noch keine Neutralität gegenüber allen hier lebenden Menschen gefunden. Dazu gehört auch, dass die Polizei nicht mehr nur ausländisch Aussehende in der U-Bahn herauszieht.
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