Diskriminierung und Mobbing an Schulen: Das Dunkelfeld wird wieder größer

Die Stelle des Antidiskriminierungsbeauftragten ist weiter nicht besetzt. Es mangelt auch an Transparenz bei Vorfällen, zeigt eine Anfrage der Grünen.

In einer Schule - Klassenzimmer

Tatort Klassenzimmer: Diskriminierung in Schulen findet statt, aber eine Statistik fehlt Foto: Fabian Sommer | picture alliance/dpa

Berlin taz Die Antidiskriminierungsarbeit an den Berliner Schulen hat ein Personal- und Strukturproblem. Das legt eine noch unveröffentlichte Antwort der Bildungsverwaltung auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sebastian Walter nahe, die der taz vorliegt. So ist die zentrale Stelle des oder der Antidiskriminierungsbeauftragen für die Berliner Schulen auch nach mehr als einem Jahr noch immer nicht besetzt.

Damit wird derzeit auch nicht dokumentiert, wie viele Diskriminierungsfälle welcher Art an Schulen es überhaupt gibt: „Eine statistische Erhebung dazu erfolgt nicht“, heißt es. Saraya Gomis, bis 2019 zwei Jahre lang Berlins erste Diskriminierungsbeauftragte für die Schulen, hatte, hatte 2018 die gemeldeten Fälle in einer Statistik erstmals transparent gemacht.

Ebenfalls ausgesetzt sind laut der Bildungsverwaltung die erpflichtenden Fortbildungen für Lehrkräfte zu „Diskriminierungskritischer Qualifizierung“. Diese Fortbildungen seien aber bereits „nach dem personellen Wechsel Mitte 2019 durch den Antidiskri-minierungsbeauftragten nicht weiterverfolgt“ worden. Gomis' Nachfolger, Dervis Hizarci, hatte dann 2020 ebenfalls den Job geschmissen – beide hatten mehr oder weniger dezent kritisiert, das Amt sei mit zu wenig Befugnissen ausgestattet und es fehle der Rückhalt in der Verwaltung, bei Diskriminierungsvorfällen an Schulen wirklich aktiv zu werden.

Statisitk „nicht aussagekräftig“?

Die ethnische Herkunft von Sin­ti*z­ze und Rom*­nja darf in Deutschland vom Amtswegen nicht statistisch erfasst werden – wie auch grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit nicht erfasst werden darf. Die Senatsverwaltung für Bildung hat das allerdings doch getan, wie aus einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. Der Berliner Notdienst Kinderschutz (BNK) hatte „Daten zur ethnischen Herkunft für diesen Personenkreis“ erfasst.

Begründet wird die Datenerhebung mit dem 2013 vom Senat beschlossenen „Aktionsplan Roma“: Ziel sei gewesen, mit „Maßnahmen in verschiedenen Handlungsfeldern unterstützend“ wirken zu können. Der Rom*­nja und Sin­ti*z­ze Interessenverband RomaniPhen e.V. kritisiert die Datenerfassung als „rassistisch“. Laut Bildungsverwaltung erfolgte die „Selbst- als auch Fremdeinschätzungen“ der ethnischen Herkunft freiwillig. Zudem habe man die Grünen-Anfrage „zum Anlass genommen, dieses Merkmal nicht mehr im BNK zu erheben und die Löschung im Fach-verfahren vorzunehmen.“ (akl)

„Statistische Erhebungen und systemische Betrachtungen, die zu Beginn der Wahlperiode geholfen haben, Diskriminierung strukturell zu erfassen und abzubauen, wurden eingestellt“, kritisiert der Grünen-Abgeordnete Walter. Die Bildungsverwaltung weist allerdings auch darauf hin, dass eine „einfache Häufigkeitsauszählung“ etwa beim Thema Mobbing „nicht aussagekräftig“ sei, weil Schulen ein „unterschiedliches Meldeverhalten“ hätten und es etwa Mehrfachmeldungen geben könne.

Die Stelle der oder des Antidiskriminierungsbeauftragten sei ausgeschrieben, könne derzeit wegen aber derzeit „wegen einer laufenden Konkurrentenklage im Ausschreibungsverfahren“ noch nicht besetzt werden. Die Stelle des Anti-Mobbinbeauftragten ist seit 1. Juli immerhin „kommissarisch besetzt“.

Mögliche Opfer von Diskriminierung stünden aber keinesfalls alleine da bei Hilfebedarf, versichert die Bildungsverwaltung und verweist auf die Schulpsychologie, die erst vor einem Jahr neu geschaffene Ombudsstelle des Landes für Gleichstellung und Diskriminierungsschutz sowie die Anlaufstelle bei Diskriminierung an Schulen (ADAS). Letztere wird auch von der Bildungsverwaltung gefördert.

ExpertInnen, darunter die Ex-Diskriminierungsbeauftragte Gomis, sowie auch die Grünen fordern allerdings seit Jahren eine wirklich unabhängige Anlaufstelle für Opfer von Diskriminierung an Schulen.

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