Diskriminierung im ÖPNV: Rassismus fährt mit
Ein BVG-Busfahrer beleidigt einen Fahrgast offenbar rassistisch – es wäre kein Einzelfall. Die Grünen fordern eine Stärkung der LADG-Ombudsstelle.
Sie habe den Fahrer beim Aussteigen auf dessen Aussage angesprochen, so die Frau. Der habe ihr sinngemäß geantwortet, es könne ja schließlich „niemand hier mehr Deutsch“. Gegenüber der BVG forderte die Nutzerin eine Überprüfung und Konsequenzen aus dem Verhalten des Fahrers.
Eine Sprecherin der BVG teilte der taz auf Nachfrage mit, das Unternehmen nehme den geschilderten Vorfall „sehr ernst“, man habe „umgehend begonnen, ihn intern zu prüfen“. Allerdings lägen bislang noch keine weiteren Informationen dazu vor. Grundsätzlich gelte: „Für rassistische oder diskriminierende Äußerungen ist bei uns kein Platz – weder im Unternehmen noch im Umgang mit Fahrgästen.“ Sollte sich der Vorwurf bestätigen, würden „entsprechende Konsequenzen“ gezogen.
Auch wenn die BVG aufwändig das Image eines Unternehmens pflegt, das Diversität lebt und liebt, kommt es immer wieder zu verbalen oder körperlichen Übergriffen durch eigene MitarbeiterInnen oder solchen, die im Auftrag der BVG tätig werden, etwa im Bereich der Fahrscheinkontrolle. Vor zwei Jahren musste die BVG einem schwarzen US-Amerikaner wegen eines Übergriffs durch ein Kontrolleursteam Schadensersatz zahlen. Und 2021 hatte es eine Social-Media-Kampagne mit dem Hashtag #BVGWeilWirUnsFuerchten gegeben.
„Rassismus bleibt Alltag“
Für Tuba Bozkurt, Sprecherin der Grünenfraktion für Antidiskriminierung, zeigt der Vorfall im M41 „erneut, dass Alltagsrassismus auch in Berlin kein Randphänomen ist – und dass er selbst im öffentlichen Nahverkehr, wo Menschen auf Schutz und Respekt angewiesen sind, Alltag bleibt“. Die Grünen hätten deshalb vor 5 Jahren das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) eingeführt – ein aktueller Senatsbericht belege aber, dass auch 2024 fast 2.000 Diskriminierungsbeschwerden mit Bezug zur Berliner Verwaltung registriert wurden.
Die BVG habe laut diesem Bericht bisher in keinem Fall eine Diskriminierung im Sinne des LADG anerkannt, so Bozkurt zur taz. Zudem hätten von rund 16.000 Mitarbeitenden der Verkehrsbetriebe bislang nur wenige Hundert verpflichtende Fortbildungen zu Antidiskriminierung und Diversity besucht. Das sei „Ausdruck einer strukturellen Schieflage“, findet die Grünenabgeordnete. „Lippenbekenntnisse reichen nicht. Wir brauchen ein Diversity-Management, das verbindlich wirkt: mit flächendeckenden Schulungen, klaren internen Meldestellen und vor allem spürbaren Konsequenzen bei Fehlverhalten.“
Das LADG sei ein Fortschritt, sagt Bozkurt, mittlerweile zeige sich aber, dass die Umsetzung nicht ausreiche. Der Senat müsse „endlich Verantwortung übernehmen“ und die Ombudsstelle stärken, anstatt Probleme kleinzureden. „Denn“, so Bozkurt, „jedes ignorierte Opfer bedeutet ein Stück verlorenes Vertrauen in die öffentliche Hand.“
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