Dino-Ausstellung in Brandenburg: Jurassic Mark
In einem Schaugehege in der Döberitzer Heide in Brandenburg hausen mitten unter wilden Przewalski-Pferden und Wisenten erschreckende Wesen mit großer Klappe: lebensechte Dinos
Zwei Dinosaurier stehen sich in Kampfhaltung gegenüber, die Köpfe nach unten geneigt. Die Dinos sind ein bisschen kleiner als der Tyrannosaurus Rex in dem Film „Jurassic Park“ von Steven Spielberg aus dem Jahr 1993. Beide haben eine kahle, rote Beule auf dem Kopf. Sie scheinen aufeinander zurennen zu wollen – doch es passiert nichts … Kann ja auch nicht. Die beiden Tierchen sind nicht echt.
„Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Pachycephalosaurusmännchen beim Kämpfen die Köpfe gegeneinanderschlugen“, erklärt Ulrich Leonhardt, wissenschaftlicher Leiter der Dinosauriersonderausstellung in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide. „Wahrscheinlich in der Balzzeit“, fügt er mit hochgezogener Augenbraue hinzu.
Langer Weg zu den Dinos
Einmal in der Stunde hält am Bahnhof im Dörfchen Elstal ein Zug, der aus Berlin kommt. Er schüttet eine Handvoll Menschen auf den Bahnsteig aus, von dem aus nur Bäume und Gestrüpp zu sehen sind. Ab dem Bahnhof etwa 20 Minuten durch das absolute Nirgendwo laufend, vorbei an Ruinen des Olympiadorfes von 1936, über die Bundesstraße 5 gelangt man zum Schaugehege der Heinz Sielmann Stiftung.
In der Döberitzer Heide bei Elstal in der Nähe von Nauen, westlich von Berlin, sind zwischen wilden Tieren mehr als 40 lebensgroße Dinosauriermodelle zu sehen. Die Urzeitgiganten werden dort, nach Erdzeitaltern geordnet, am Rundweg durch das Schaugehege von Sielmanns Naturlandschaft gezeigt. Über die Lebens- und Fressgewohnheiten der Dinosaurier informieren Tafeln.
Auf dem Ausstellungsgelände, dem Schaugehege Döberitzer Heide, leben derzeit acht Wisente und acht Przewalski-Pferde sowie 18 Stück Rotwild.
Die Ausstellung ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt 12 Euro, 7,50 Euro für Kinder, 4,50 Euro pro Kind bei Kitas/Schulen (Begleitperson frei). Mehr Informationen unter www.
sielmann-stiftung.de. (lep, dpa)
Dort gibt es dann doch etwas zu sehen: Seit dem 1. April sind in der Döberitzer Heide insgesamt 43 Modelle von Tieren in Originalgröße ausgestellt, die lange vor der Menschheit gelebt haben. Sie sind aus einem ganz speziellen Kunststoff und nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen gefertigt. Unter ihnen 20 Dinosaurier wie die beiden Pachycephalosaurier – aber auch drei Exemplare, die angeblich in Deutschland das erste Mal zu sehen sind: etwa der Torvosaurus, ein etwas kleinerer Vorfahre des T-Rex. Außerdem gibt es einige Dinos, für die neue wissenschaftliche Erkenntnisse verarbeitet wurden. Vom Troodon weiß man erst seit Kurzen, dass er Federn hatte.
Wie eine Zeitreise
Chronologisch angeordnet stehen die mächtigen Tiere entlang eines Pfads, der sich rund zwei Kilometer durch die Heide schlängelt. Es fängt mit einem riesigen grün-blauen Panzerfisch an, der vor 380 Millionen Jahren in den Ozeanen lebte und gemeinsam mit einem doch eher kleinen Quastenflosser zu sehen ist. Es geht vorbei an den ersten Amphibien und Exponaten, die aussehen wie Krokodile, die aber gar keine sind: Es handelt sich um die direkten Vorfahren der Dinosaurier. Gut, dass es zu jedem Tier eine Tafel gibt, auf der erklärt ist, wann es wo gelebt hat, wie schwer es war und was es alles so gefressen hat.
Alle Tiere bestechen durch ihre farbenfrohe Gestaltung. Blau, Grün, aber auch Rot und Gelb: eine schillernde Wunderwelt. Doch leider sind die Farben der Tiere nicht wissenschaftlich belegt, sondern an heutigen Lebewesen orientiert, erläutert Ulrich Leonhardt.
Ein paar Meter weiter erhebt sich ein 30 Meter langes Exponat, ein Sauropode Diplodocus. Es ist der größte Saurier der Sonderausstellung: Lebend wog dieses Tier, das Ulrich Leonhardt mit den Worten „langer Hals, langer Schwanz“, beschreibt, bis zu 30 Tonnen. Das ausgestellte Kunststoffexemplar bringt es hingegen nur auf zwei Tonnen. Dennoch wirkt es bedrohlich und ist riesig. Ohne Probleme könnte man zwischen seinen Beinen hindurchgehen. Dass hier im Dinopark die Sache ähnlich aus dem Ruder laufen könnte wie in „Jurassic Park“ – da hat Ulrich Leonhardt jedoch keine Bedenken: „Ich habe keine Angst, dass unsere Dinos zum Leben erwachen und ich aufgefressen werde, ich sehe die Bedrohung eher von außen kommen“, witzelt er. „Da draußen wird schließlich mit allem Möglichen herumexperimentiert.“
Verabschiedet werden die Besucher von einem haarigen Mammut, das von Neandertalern mit Speeren angegriffen wird. Ein Anblick, der zum Nachdenken anregt: „Wir wissen nicht genau, warum die Dinosaurier ausgestorben sind, aber wir wissen, dass wir selbst bedroht sind, wenn das Artensterben so rapide weitergeht wie bisher“, sagt Michael Völker, der Organisator der Sonderausstellung.
Auch hier im Schaugehege in der Döberitzer Heide – einem ehemaligen Truppenübungsplatz, der laut Leonhardt hundertprozentig minenfrei ist – leben vom Aussterben bedrohte Tiere: Wisente und Przewalski-Pferde. Der Namensgeber der Stiftung – Heinz Sielmann –, sagte einmal, dass es schwierig sei, dem Menschen klarzumachen, dass sie selbst Geschöpfe der Natur seien und das zunehmende Verschwinden von Tier- und Pflanzenarten ein untrügliches Zeichen der Bedrohung allen Lebens. Die Dinos sind also ein Fingerzeig.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen