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Digitalisierung der SchulenDigitalpakt-Gelder bleiben liegen

Von den 5 Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen war im August erst ein Bruchteil beantragt. Doch nun zieht das Tempo an.

Ziemlich Old School: Schulen in Deutschland tun sich schwer mit der Digitalisierung Foto: Matthias Bein/dpa

BERLIN taz | Für die Digitalisierung der Schulen stellt der Bund seit Mai letzten Jahres 5 Milliarden Euro bereit. Doch die Länder haben bis Mitte August nur 5 Prozent davon beantragt, der Großteil des Geldes ist nach wie vor ungenutzt – trotz Coronakrise und Fernunterricht. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei hervor, die der taz vorliegt. Demnach haben die Länder bis August lediglich 242 Millionen Euro in Laptops, Lernplattformen oder schnelles WLAN an den Schulen investiert.

Dabei sind die Quoten von Land zu Land höchst unterschiedlich. Rheinland-Pfalz und Thüringen nutzten deutlich weniger als ein Prozent der Bundesmittel. Beide investierten zunächst Mittel aus ihren Landeshaushalten. Sachsen dagegen hat bis Mitte August schon 40 Prozent der Bundesgelder ausgegeben. Im CDU-geführten sächsischen Bildungsministerium ist man selbst überrascht über den Spitzenplatz. „Eine in der Tat erfreuliche Statistik“, meint ein Sprecher von Minister Christian Piwarz.

Ein Grund dafür sei vermutlich, dass Sachsen als erstes Bundesland eine Förderrichtlinie aufgelegt habe. „Insofern haben wir Vollzugsvorsprung von sechs bis acht Monaten gegenüber der Mehrzahl der übrigen Länder.“ Zudem hat Sachsen die Hürden von Anfang an niedrig gelegt. Um Geld aus dem Digitalpakt zu bekommen, müssen alle Schulen zunächst darlegen, wie sie die neue Technik pädagogisch sinnvoll einsetzen und wie sie ihre Lehrkräfte fortbilden. Wenn Konzepte vorliegen, können die Schulträger – meist die Kommunen – Geld beantragen.

Die Linke sieht im Föderalismus eine „Bildungsbremse“

Damit ersparen die Sachsen ihren Trägern laut Auskunft des Ministeriums eine Tiefenprüfung der Medien- und Fortbildungskonzepte. „Beide Voraussetzungen werden lediglich auf ihr Vorhandensein hin geprüft.“ Nun seien laut Sprecher sogar schon 221 von 250 Millionen Euro bewilligt. Das entspricht rund 90 Prozent des Geldes.

In Baden-Württemberg habe Bildungsministerin Susanne Eisenmann, CDU, die Antragsverfahren ebenfalls beschleunigt, so eine Sprecherin. Die Schul­träger könnten Medienkonzepte nun auch nachreichen. Seit August habe sich die abgerufene Summe bereits vervierfacht. Mit rund 38 Millionen von über 650 Millionen Euro hat Baden-Württemberg inzwischen knapp 6 Prozent seiner Bundesmittel bewilligt.

Auch ein Sprecher der Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres, SPD, begründet das gemächliche Tempo mit dem Antragsverfahren. „In Berlin ist es so, dass alle Schulen erst Medienkonzepte entwickeln und vorlegen mussten, mitunter waren Nachbesserungen nötig.“ Anders als in anderen Ländern wurden zudem die Gremien bei den Förderrichtlinien beteiligt. Bis August hatte Berlin knapp 3 Prozent der dem Land zustehenden gut 250 Millionen Euro abgerufen.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Birke Bull-Bischoff, erklärt gegenüber der taz, die Zwischenbilanz sei wahrlich kein Ruhmesblatt: „Föderalismus erweist sich als Bildungsbremse, wenn Geld durch zig Instanzen muss, um dort anzukommen, wo es gebraucht wird.“

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5 Kommentare

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  • Digitalisierung der Schulen erfordert:

    1.technische Ausstattung



    breitbandige Internetzugänge, schulinterne Verkabelung, WLAN in Unterrichtsräumen und Lehrerzimmern sowie geeignete Präsentationstechnik und Endgeräte,

    2 digitale Bildungsumgebungen datenschutzkonform und rechtssicher, urheberrechtliche Lizenzen (= content)

    3. qualifizierte Lehrkräfte

    Verantwortlich sind die Länder, die 10% der Investitionen zahlen müssen (klamme Schulträger sollen besonders unterstützt werden) - 90% trägt der Bund.

    Beschafft wird idR durch die Schulträger, die an enge formale Ausschreibungsverfahren gebunden sind (zB ab 100.000 € europaweite Ausschreibung - die Dauer bis zur Anschaffungsentscheidung und Lieferung kann man sich vorstellen)

    Die Schulleitungen und Lehrkräfte können lediglich schulbezogene Konzepte (zB) Pflichtenhefte) beisteuern.

  • Der Artikel verfehlt leider der Kern der Problematik, weil einige der angesprochenen Punkte in einen anderen Kontext gehören. Ich arbeite als Berater für digitale Schulentwicklung und sind mit dem Thema deswegen sehr vertraut. Grundsätzlich war der Digitalpakt eine Idee vor Coronazeiten und hatte ein ganz anderes Ziel: Die Grundlagen der Infrastruktur für Digitalisierung legen. Endgeräte wie Laptops und Tablets wurden explizit limitiert (20% der Gesamtausgaben). Lernplattformen und Software sind nicht mal Teil der Förderung. Wir reden hier von Wlan Access Points, Kabel im Gebäude, Monitore etc. Die Problematik des Digitalpakts liegt an der falschen Erwartungshaltung. Wlan alleine macht keinen digitalen Unterricht und schon gar nicht fit für Distanzlehren. Es fehlt Budget für Fortbildungen und generell ist es nicht mal viel Geld auf die Schule gerechnet. Und jetzt kommt noch die Verantwortlichkeit der Förderung: Hier arbeiten zum ersten Mal Bund und Länder zusammen (was im Föderalismus schon eine bahnbrechende Entwicklung ist und für nicht wenig Furore gesorgt hat), demensprechend gibt es auch unklare Verantwortlichkeiten bei dem Abrufen der Gelder. Am meisten Arbeit leisten gerade die Kommunen, die sich einarbeiten und sinnvolle Ausgaben tätigen wollen. Dazu zählt Bedarfe einholen, sinnvoll zusammenfassen und planen. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Deadline dafür noch nicht mal erreicht ist, sollte man vorsichtig bei der Bewertung der Situation sein. Wer Digitalisierung im Bildungsystem fördern will, sollte Ressourcen rein geben und keine Erwartungen.

  • Sowohl Bremen als auch Berlin sind wohl Schlusslichter bei der Bewilligung der Mittel.



    In beiden Ländern regiert Die Linke mit.



    Möchte Die Linke Sprecherin etwa sagen das ihre Partei auf Landesebene bremst?



    Hätte man mal nachfragen können, wenn man sie schon zitiert.

    • @Choronyme:

      Thüringen sollte auch in der Aufzählung nicht vergessen werden. Zunächst Landesmittel nutzen zu wollen ist ja wohl kaum ein guter Grund das Geld nicht zu verwenden. Da scheint es dann ein Problem bei der Nutzung von Landesmitteln zu geben

  • die Verteilung braucht leider Zeit.

    Wir haben hier m Stadtrat lette Woche den uns zustehenden ANteil ausgegeben.



    Es reicht noch nicht mal um allen Kindern, die wegen Bedürftigkeit die Schulbücher gestellt bekommen ein Endgerät zukommen zu lassen.



    Von Softwar und Internetzugang ganz zu schweigen.



    Darüber wird noch nicht mal diskutiert.



    Und was passiert, wenn so ei Ding kaputt geht......