Digitale Gewalt: Hass im Netz nimmt zu
Besonders Frauen und Personen mit Migrationshintergrund sind von Gewalt im Netz betroffen. Die Meinungsvielfalt leide, warnen die Studienherausgeber.
„Hass im Netz ist allgegenwärtig“, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bei der Vorstellung der Studienergebnisse am Dienstagvormittag. Eine erste bundesweite Erhebung von 2019 des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) warnte vor dem ausufernden Ausmaß von Diskriminierungen und Gewaltdrohungen im Netz.
Die aktuelle Studie zeichnet den Negativtrend fort und zeigt, wie sich Hass im Netz zu normalisieren scheint. „Hass im Netz ist ein Angriff auf die Meinungsvielfalt. Es kann alle treffen, aber trifft nicht alle gleich“, sagt Elena Kountidou, Geschäftsführerin der Neuen Deutschen Medienmacher*innen. Besonders junge Menschen sowie Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund und queere Menschen stehen im Fokus.
Jeweils ein Drittel der beiden zuletzt genannten Gruppen gibt an, betroffen zu sein. Unter den 16- bis 24-Jährigen, die besonders stark Plattformen wie Tiktok und Instagram nutzen, sind vor allem Frauen Opfer von digitaler Gewalt. Knapp jede Dritte berichtet von Hass online.
Ein Viertel gibt an, ihre Profile zu deaktivieren
Die Definition von Hass im Netz geht über Hatespeech hinaus, auch sexualisierte Gewalt, Stalking oder Doxing, das Veröffentlichen von personenbezogenen Daten sind darin zusammengefasst. Am häufigsten bezieht sich der Hass auf die politischen Ansichten der Betroffenen und ihr Aussehen. Die digitale Gewalt äußert sich oftmals in Form von Beleidigungen und Falschbehauptungen.
Was als Hass angesehen wird, ist dabei individuell. Bei der konkreten Frage: „Waren Sie selbst schon von Hass im Netz betroffen?“, stimmten 15 Prozent der Befragten zu. Jedoch gaben etwa ein Viertel der Befragten an, mindestens eine Form von Hass im Netz häufig zu erfahren. Die Studie erklärt die Unterschiede damit, dass nicht jede Beleidigung als Hass im Netz angesehen wird. Besonders jüngere Betroffene scheinen dies bis zu einem bestimmten Grad an Normalität anzunehmen.
Rüdiger Fries von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur warnt vor den Folgen für Betroffene und den digitalen Diskurs. Zwar blockierten oder meldeten 82 Prozent der Betroffenen ihre Täter*innen. Ein Viertel der Betroffenen gibt an, ihre Profile zu deaktivieren oder zu löschen. Das Feld werde den Hater*innen überlassen, da sich die angefeindeten Personen aus dem Diskurs zurückziehen.
Um den Diskurs und die Demokratie im Digitalen zu stärken, fordert das Kompetenznetzwerk flächendeckende Beratung für Medienkompetenzen in Schulen und Betrieben. Auch die Anbieter der Plattformen sollen stärker in die Verantwortung genommen werden.
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