■ Querspalte: Dieter Hundt!
Altes Haus, wie wird man eigentlich Arbeitgeberpräsident? Muß man dafür eine Ausbildung absolvieren? Oder rutscht man einfach in den Chefsessel hinein? Weil man besser sprechen kann als andere? Sie, Dieter Hundt, sprechen in letzter Zeit jedenfalls ziemlich viel. Meist mit empörtem Unterton. Was einem schon leid tun kann. Sie haben es ja auch nicht leicht. Nach 16 Jahren mit direktem Draht ins Kanzleramt jetzt der neuen Regierung hinterherhecheln müssen. Da können sich die Gedanken schon mal verknoten. „Rot-Grün wird den Standort Deutschland vor die Wand fahren“, befürchten sie. Wie fährt man eigentlich einen Standort? Wagenheber drunter, vier Räder dranschrauben, den Motor aus Ihrem alten Daimler einsetzen, und los geht's? Mittenmang vor die Wand? Wieso eigentlich „vor“ und nicht „gegen“ die Wand? Und wo soll diese Wand stehen? Im Osten? Muß es dann nicht Mauer heißen? Und ist die nicht seit ein paar Jahren abgebaut? Oder meinen Sie die Mauer in unseren Köpfen? „Den Standort Deutschland gegen die Mauer in unseren Köpfen fahren.“ Klingt schon besser.
Noch besser, Dieter Hundt, allerdings wäre es, Sie würden Ihren Metapherndschungel ab und an mit der Machete durchpflügen. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, daß das von Ihnen gern gebrauchte Wort vom „Standort Deutschland“ gar nicht dynamisch, ja recht lethargisch nach „Stehimbiß Deutschland“ klingt? Wo vollgefutterte Arbeiter träge ihre Freizeit abstehen? Bewegung braucht das Land. Mehr Dynamik in die Arbeitgebersprache. „Rot-Grün wird das Fließband Deutschland gegen die Mauer in unseren Köpfen fahren.“ Das ist es! Jedenfalls beinah.
Beinah schöner noch, Hundt, wäre es, Sie würden einmal gar nichts sagen. Als Sprecher des Arbeitgeberverbandes einfach schweigen. Hören Sie die Stille? Ja, das tut gut. Und wenn Sie sich dann unbedingt mal wieder zu Wort melden müssen, wenn der Druck zu groß wird, fragen Sie doch vorher Ihren taz-Katachresen-Berater. Michael Ringel
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