Die neuen EU-Klimakommissare: Weiter-So wird nicht reichen
2024 droht der EU eine Anti-Klima-Wahl. Die neuen Klimakommissare stehen leider nicht für einen energischen Aufbruch in der Klimapolitik.
P lötzlich ging alles ganz schnell. Obwohl das Europaparlament nach der Anhörung der beiden neuen EU-Klimakommissare Wopke Hoekstra und Maroš Šefčovič noch viele Fragen hatte, gaben die Abgeordneten im Umweltausschuss schon am Dienstag grünes Licht. Nun sind die Newcomer auch vom gesamten Parlament bestätigt worden. Richtig glaubwürdig ist dieses Eilverfahren nicht.
Vor allem die Grünen haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Erst stellten sie Hoekstras Eignung infrage, weil der Niederländer früher beim Ölmulti Shell gearbeitet hat. Dann gaben sie sich mit der Zusicherung zufrieden, dass die EU-Kommission in der Klimapolitik auf Kurs bleiben werde. Die schriftliche Zusage, Europa auf 1,5-Grad-Kurs zu bringen, sei ein riesiger Erfolg.
Nein, das ist es nicht. Zum einen ist das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, nach Ansicht vieler Experten kaum noch zu erreichen. Zum anderen reicht es nicht, sich zu diesem Ziel zu bekennen und immer neue Versprechen zu machen – Hoekstra sprach gar von einer Senkung des Treibhausgasausstoßes bis 2040 um mindestens 90 Prozent. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an – und da hapert es an allen Ecken und Enden. Deutschland hat seine eigenen nationalen Klimaziele nicht erreicht und dürfte sie auch 2030 verfehlen. In vielen EU-Ländern sieht es kaum besser aus. Die Klimagesetze aus Brüssel weisen zwar einen guten Weg. Doch nun müssen Taten folgen – und die EU muss den Mitgliedsstaaten dabei helfen.
Hoekstra und Šefčovič haben nicht gesagt, wie das gehen soll. Es fehlen nicht nur Investitionen in klimafreundliche Energien und Technologien. Es fehlt auch Geld für den europäischen Klimasozialfonds, der die grüne Transformation sozialverträglich gestalten und für eine breite Mehrheit akzeptabel machen soll. Dabei sehen wir in Deutschland schon, wie groß der Widerstand ist. Die letzte Europawahl war eine Klimawahl. Bei der nächsten EU-weiten Abstimmung im Juni 2024 droht eine Anti-Klima-Wahl. Hoekstra und Šefčovič predigen ein „Weiter so“ – doch das wird nicht reichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern