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Die Zukunft des SEZs scheint besiegeltImmer nur die Option Abriss

Der Senat favorisiert fürs SEZ-Areal einen Bebauungsentwurf und gibt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Der Bezirk bevorzugt eine ganz andere Idee.

Dient noch für Plakatwerbung, ansonsten steht es vor sich hin: das Sport- und Erholungszentrum in Friedrichshain Foto: picture alliance/dpa | Soeren Stache

Berlin taz | Für das heruntergekommene Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Friedrichshain hat die zuständige Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) das Büro Stefan Forster mit einer Machbarkeitsstudie für die städtebauliche Entwicklung des Areals beauftragt. Sie soll frühestens Ende des Jahres vorliegen.

Auf dem weitläufigen Gelände am Rande des Volksparks Friedrichshain soll ein gemischtes Quartier entstehen. Geplant sind dort mehr als 550 neue Wohnungen, davon 50 Prozent sozial gefördert. Zudem ist laut WBM „eine großzügige Gewerbefläche“ vorgesehen, „die eine nachhaltige Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit ermöglicht“. Das Areal an der Ecke Landsberger Allee/Danziger Straße umfasst rund 30.000 Quadratmeter, liegt brach und sieht entsprechend verwahrlost aus.

Unter der Regie der WBM fand am 17. Juli eine Jurysitzung statt, bei der fünf Planungsideen für die künftige Wohnbebauung des SEZ-Areals vorgestellt und bewertet wurden. Im Ergebnis der Punkteverteilung wurde eine Planung prämiert, die den kompletten Abriss des 1981 eröffneten, einstigen DDR-Prestigebaus vorsieht, so das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Drei weitere Entwürfe sahen ebenfalls den Abriss des SEZ vor.

Nur ein Entwurf zielt darauf ab, wichtige Bauteile des SEZ zu erhalten, konnte die Mehrheit der Jury aber nicht überzeugen. Im Unterschied zum Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, das ihn „als herausragende Idee“ würdigte. Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) schlug der Jury vor, diesen Entwurf zu prämieren und die Machbarkeit eines Teilerhalts des SEZ weiterzuverfolgen. Sein Votum stieß auf taube Ohren.

Senat „vergibt eine Chance“

Auch Damiano Valgolio, Mitglied des Abgeordnetenhauses für die Linke, sieht den Abriss kritisch. Er hat seinen Wahlkreis in Friedrichshain-West, wo das SEZ liegt. Nicht nur deshalb kämpft er seit Langem vehement für dessen Erhalt. Was hält er davon, dass sich die WBM und damit der Senat auf den Entwurf festgelegt hat, der das komplette Verschwinden des DDR-Gebäudekomplexes vorsieht?

„Wir als Linke fordern nach wie vor, die Option, das SEZ ganz oder teilweise zu erhalten, mit in die Machbarkeitsstudie einzubeziehen“, sagt Valgolio der taz. Aber letztlich wäre schon die Ausschreibung für diese so „gestrickt“ gewesen, dass es am Ende auf einen kompletten Abriss hinauslaufen musste. „Die Kostenfrage wurde nicht untersucht.“ So wisse niemand, was es an Geldern braucht, um das SEZ in Teilen oder ganz zu sanieren. „Damit vergibt der Senat eine Chance“, sagt der Linken-Politiker.

Das glaubt auch Baustadtrat Schmidt. Er sagt: „Mit großem Interesse hat das Bezirksamt den mutigen Entwurf zum Teilerhalt des SEZ studiert und kommt zu dem Ergebnis, dass Wohnungsbau und SEZ-Erhalt kein Widerspruch sind.“ Das Büro habe sich intensiv mit der Bausubstanz auseinandergesetzt und kommt zu dem Ergebnis, dass diese weniger schlecht ist als angenommen. Ein Argument, das auch Damiano Valgolio ins Feld führt.

Mit diesem Konzept würden zwei ikonische Merkmale des SEZ erhalten bleiben

Mit dem in diesem Konzept vorgesehenen Erhalt der Haupthalle und des Eingangsgebäudes würden „zwei ikonische Merkmale des SEZ“ erhalten bleiben. „Der Entwurf ist zwar nicht perfekt, aber er hätte es verdient, weiter vertieft zu werden, da auch er die angestrebten 500 Wohnungen erreicht“. Es wäre weder baukulturell sinnvoll noch besonders demokratisch, so Schmidt weiter, nach Einreichung dieses „qualitätvollen Konzeptes nun mit einem Kahlschlagkonzept weiterzuarbeiten, als wäre nichts gewesen“. Schmidt fordert daher Senat und WBM auf, die Diskussion um den Erhalt des SEZ „ergebnisoffen weiterzuführen und die Erkenntnisse des Wettbewerbs in die weitere planerische Auseinandersetzung mit dem SEZ-Areal einfließen zu lassen“.

Das SEZ wurde 2024 zwangsgeräumt. Bausenator Christian Gaebler (SPD) hatte damals gesagt, er sehe keine Chance für einen Erhalt als Erlebnisbad wie zu DDR-Zeiten. Grundstück und Gebäudekomplex waren 2003 vom Land an einen Investor verkauft worden. Der Käufer wurde verpflichtet, wieder einen Badebetrieb zu schaffen, was nicht geschah. Vor Gericht setzte sich dann Berlin zwar durch, der frühere Eigentümer rückte die Immobilie trotzdem nicht raus. Schließlich übernahmen Polizei und Gerichtsvollzieher.

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