Die Wochenvorschau für Berlin: Betreiben Sie Müßiggang!
Wir befinden uns mitten in den Sommerferien – Zeit für die schönen Dinge! Aber auch die sind natürlich mitunter politisch.
![Ein Foto aus der Vogelperspektive zeigt ein fast leeres Schwimmbad mit einem einsam vor sich hin treibenden Schwimmer Ein Foto aus der Vogelperspektive zeigt ein fast leeres Schwimmbad mit einem einsam vor sich hin treibenden Schwimmer](https://taz.de/picture/5700040/14/301490303-1.jpg)
Wir befinden uns mitten in den Berliner Sommerferien, quasi Halbzeit, die vierte Ferienwoche beginnt. Was machen Sie gerade? Nicht viel, hoffentlich. Ein blödes Sprichwort heißt ja, Müßiggang ist aller Laster Anfang, wer das als Erster mal laut gesagt hat, konnte mir das Internet leider nicht verraten. (Auf Leser*innen-Kommentare, die meinem mangelhaften Allgemeinwissen freundlich auf die Sprünge helfen wollen, freue ich mich.) Jedenfalls, was ich sagen wollte: Betreiben Sie Müßiggang! Es ist nämlich echt nichts los in der Stadt. Und wenn Sie schon etwas tun wollen, machen Sie etwas Schönes.
Am Montag zum Beispiel startet zum sechsten Mal das Space Festival Berlin. Den ganzen Monat August hindurch öffnen Kunstschaffende ihre Ateliers, Projekträume und Werkstätten und setzen sich im weitesten Sinne mit dem Raumbegriff auseinander. Raum ist ja gerade etwas, was der freien Kunst- und Kulturszene in einer immer teurer werdenden Stadt wie Berlin immer dringlicher fehlt.
In dem Sinne will vermutlich auch die Performance verstanden wissen, die man am Dienstag im Projektraum New Fears im Wedding im Rahmen des Space Festivals erleben kann: „Crush“ heißt der „performative Supermarkt“, dessen Angebote sich „um das Thema des Verlangens und des Unerreichbaren“ drehen, wie es auf der Programm-Website heißt.
Unerreichbar ist für viele auch ein Ticket für die Performer, die am Mittwoch auf einer etwas größeren Bühne ihre Show abziehen: Die Rolling Stones geben ein Konzert in der Waldbühne, sie gönnen sich gerade eine 60-Jahre-Bühnenjubiläumstour und bessern sich noch mal ein bisschen die Rente auf: Tickets gibt’s natürlich schon lange nicht mehr, die billigsten gab es für knapp 200 Euro.
Kleines Trostpflaster
Am 15. September anno 1965 zerlegten ihre Fans übrigens in Ekstase die Waldbühne, auf die sie nun ein weiteres Mal zurückkehren – aber inzwischen dürfte das Publikum ein bisschen zur Ruhe gekommen sein, so Konzertbesucher von damals noch unter den Lebenden weilen. Kleines Trostpflaster für alle, die kein Ticket haben: Radioeins vom RBB spielt am Mittwoch jede Stunde zwei Songs von den Stones.
Wem das jetzt alles hier zu viel Pop und zu wenig Politik ist: Am Donnerstag um 20 Uhr spielt das Ukrainian Freedom Orchestra im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. In dem Klassik-Ensemble, das sich anlässlich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gegründet hat, spielen auch viele geflüchtete Musiker*innen. Das Orchester befindet sich gerade auf Tournee durch Europa und die USA. In Berlin spielen sie im Rahmen der Young.Euro.Classics, dem Festival europäischer Jugendorchester, das noch bis zum 21. August andauert.
Ach so, und die Sache mit dem Müßiggang. Franz Kafka wird zugeschrieben, den Spruch so vervollständigt zu haben: Müßiggang ist aller Laster Anfang, aller Tugenden Krönung. Tja, was gibt’s da noch zu sagen?
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