Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

#Unteilbar feiert, #Aufstehen blamiert sich, US-Musikerin Taylor Swift wird politisch und die AfD fordert zum Petzen auf.

Menschen halten auf der unteilbar-Demo Schilder hoch, auf einem steht: Hass ist krass, Liebe ist krasser

Auf der Abschlusskundgebung der #unteilbar-Demo in Berlin Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wenn ich alles kaufe, was mir die Buchmesse empfiehlt, sitze ich in einem halben Jahr noch da und tippe ISBN-Nummern in die Momox-Suchmaske.

Und was wird besser in dieser?

Oft lenkt die Messe das Interesse auf bisher unbekannte Gebiete. Nächstes Jahr wird die SPD Gastland.

Das Bündnis #unteilbar hat am Samstag in Berlin laut eigenen Angaben knapp eine Viertelmillion Menschen auf die Straße gebracht – gegen Rassismus, gegen Hetze. Ist Deutschland doch noch nicht verloren?

Das war die linke Sammlungsbewegung, aus der die „Linke Sammlungsbewegung“ rechtzeitig ausgetreten ist. #unteilbar feiert, #aufstehen blamiert sich, und nun gilt das schöne Steinmeier-Wort: „Heimat liegt in der Zukunft.“

Papst Franziskus hat in seiner Generalaudienz Abtreibung mit Auftragsmord gleichgesetzt. Vor wenigen Wochen riet er Homosexuellen zur Therapie, bei der Aufklärung der Missbrauchsskandale hält er sich zurück. Ist es zu fassen, dass er mal als möglicher Reformer der katholischen Kirche galt?

Sieht aus, als reformiere die Kirche den Papst. Er hat Barmherzigkeit zum Leitmotiv seiner Regentschaft gemacht. Sie nicht.

Die UN-Botschafterin der Vereinigten Staaten, Nikki Haley, hat am Dienstag überraschend ihren Rücktritt bekanntgegeben. Die Gründe dafür sind nach wie vor unklar. Ist Ivankas Zeit gekommen?

In Trumps Kabinett rangiert noch eine Frau als Ministerin – nach drei Wechseln im Außenministerium, vier Gesundheitsministern und dreien für innere Sicherheit. Das markiert die Kampfgebiete: planlose Nichtdiplomatie, Abwrackung von „Obamacare“ und parareligiöser Waffenbesitz. Schon diese Deutung fußt nur auf Plausibilität; insgesamt liest man die Personalpolitik des US-Präsidenten mittlerweile so alchemistisch wie den Kreml in den 70ern. Haley hatte Trump im Eifer gegen Russland weit übertroffen und wurde dafür getadelt, womit man neuerdings als „moderat“ gilt. Und als eigener Ambitionen verdächtig. Ivanka Trump lehnte den Job bei der UN bereits ab, was, siehe oben, so ungefähr alles bedeuten kann. Papa findet sie „wunderbar“, nennt jedoch auch Exberaterin Dina Powell und auf Zuruf seinen Botschafter in Berlin, Richard Grenell. Hat was von „RTL kündigt neue Dschungel-Kandidaten an“.

Die Bundeswehr meldete in dieser Woche, dass der Moorbrand in Meppen nun gelöscht sei. Moment – jetzt erst? Dachten Sie auch, das sei längst geschehen?

Das sind unterirdische Zustände. Deshalb.

Sängerin Taylor Swift hat sich am Montag erstmals poli­tisch geäußert und machte auf Instagram Stimmung gegen eine republikanische Kon­gressabgeordnete. ­Donald Trump sagte daraufhin, er möge ihre Musik nun etwa 25 Prozent weniger. Wie hoch stehen Swifts Songs denn bei Ihnen jetzt im Kurs?

Swifts Konzept, politisch neutral zu bleiben, ist in Amerika fast schon so schlechter Ton wie in Deutschland guter. Beides weicht auf. Nachdem Rechtspopulisten sie zur „reinen arischen Göttin“ ikonisierten, hat’s offenbar mal gereicht. Also: Nächstes #unteilbar mir Helene Fischer.

Die österreichische Ex-Grünen-Politikerin Sigi Maurer hatte obszöne Nachrichten, die sie erhalten hatte, in sozialen Netzwerken publik gemacht und wurde deswegen von dem vermeintlichen Absender verklagt. Dieser hat nun Recht bekommen. Maurer zu Geldstrafe und Entschädigung verdonnert. Was sagt Ihnen das?

In Österreich wird’s schwieriger, seinen Kindern einzuschärfen: „Bei Belästigung sofort schreien und Öffentlichkeit herstellen!“ Rät die Kripo auch bei Stalking. Das Gericht sah Eigenheiten der Rechtschreibung und zeitliche Übereinstimmung nicht als zwingend an, den Täter zu überführen. Immerhin das schreit, und zwar nach kriminalistischer Feinarbeit in der nächsten Instanz.

Die AfD hat angekündigt, gegen LehrerInnen vorzugehen, die sich kritisch über die Partei äußern. SchülerInnen sollen angebliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot auf einer Online-Meldeplattform anzeigen. Überwachung und öffentliches Anschwärzen von PädagogInnen – kommt einem aus der deutschen Geschichte irgendwie bekannt vor, oder?

Das Portal zum Lehrerpetzen kommt von der Hamburger AfD. Deren Fraktionschef Jörn Kruse ist soeben vom Amt und aus der Partei zurückgetreten, wegen: „deren Zusammenarbeit mit Rechten und Rechtsradikalen“. Dürfen Hamburger LehrerInnen das jetzt sagen?

Laut einer Studie sind Menschen in Schleswig-Holstein am glücklichsten. Das nördlichste Bundesland ist seit 2013 Spitzenreiter. Grund genug, umzuziehen?

„Deutsche Post Glücksatlas“ – dachte, darin geht es um die schönen Momente, wenn man einen Brief bekommt oder das Paket nicht verschwindet. Der Osten lamentiert am Tabellenende, alle Nordländer finden es reichlich hygge – die Statistik fragt womöglich eher Lebenskunst ab als Lebensrealität.

Und was machen die Borussen?

Beim Moffenzerlegen, Niederlande – Deutschland 0:3, eine erfrischend inkorrekte Bandenwerbung des DFB: „Offensive für Mädchenfußball.“ Bisschen harsch. Treffender wäre: „So einen Morast spielt man, wenn fünf Bayern auf dem Platz stehen und keiner vom Tabellenführer BVB.“

FRAGEN: LEONIE GUBELA

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.