Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die Auferstehung des Blockwarts, ein Märchentyrann, der die Welt zwingen will, sich um ihn zu drehen, und die Erinnerung an Honeckers DDR-Chip.
H err Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Der Spiegel-Titel fragt: „Wer darf rein?“
Und was wird besser in dieser?
Fragt sich die Spiegel-Chefredaktion auch gerade.
ist Journalist, Autor und Fernsehproduzent. In der taz veröffentlicht er jede Woche die Interviewkolumne „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?“. Bekannt wurde er vor allem durch die Moderation der TV-Serie „ZAK“ (WDR-Politiksendung), für die er 1991 den Adolf-Grimme-Preis erhielt.
Die SPD sichert sich die Webdomain von Söders Wahlkampfslogan „Söder macht’s“ und listet auf, wie Söder dem Bundesland bisher geschadet hat. Wer profitiert davon – die SPD oder der Ministerpräsident?
Juristen sprechen hier von einer „Zuordnungsverwirrung“, das klingt nach der Methode, mit der die SPD seit Jahrzehnten ihre Koalitionspartner aussucht. Tatsächlich könnte Söder auf sein Namensrecht klagen – hätte die CSU nicht den lahmen Konter www.kohnenplus.de nachgeschoben, unter dem das CSU-Programm verabreicht wurde. Die JU Oberbayern blockierte mal die Domain www.gerhard-schroeder.de, sie musste sie herausgeben wie der Kölner Blogger, der unter www.wir-sind-afd.de gegen die Partei agitierte. Beunruhigend, dass die CSU die virale Virulenz des Topkonkurrenten AfD offenbar nicht erkennt; erfreulich der rustikale Move der SPD. Übrigens habe ich die Rechte an der Domain der Hauptnachrichtensendung des DDR-Fernsehens gebunkert, www.aktuelle-kamera.de. Die Nachfrage ist übersichtlich bisher.
Der Mann mit dem Deutschlandhut, der in Dresden Journalisten anpöbelte und damit eine umstrittene Polizeimaßnahme auslöste, ist LKA-Mitarbeiter. Die perfekte Pointe?
Zunächst ein klares Argument für eine allgemeine Hutpflicht. In den Geschmacksrichtungen Alu, Schlaaand oder „der kleine Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“. Dahinter: Wenn die sächsische Polizei auf bloßen Zuruf einer beleibten Karikatur gegen die Pressefreiheit vorgeht – ist das so rechtswidrig, als wenn sie den Denunzianten als Kollegen erkannt und eben deshalb Partei ergriffen hätte. Der Grusel besteht im Kraftschluss zwischen dem blökenden Kampfspießer und der Staatsgewalt; hier wohnen wir der Auferstehung des Blockwarts bei.
Trump in Trouble: Sein Ex-Anwalt Michael Cohen sagte unter Eid, Trump habe ihn im Wahlkampf 2016 angewiesen, Schweigegeld an frühere Geliebte zu zahlen. Sein früherer Wahlkampfleiter Paul Manafort wurde wegen Banken- und Steuerbetrugs schuldig gesprochen. Trump hält sich trotzdem strahlend auf seinem Posten. Ist er unstürzbar?
Das Time Magazine begleitet Trumps Präsidentschaft mit Titelbildern, die ihn bei Regen am Schreibtisch zeigten, dann bis zur Brust im Wasser, und letzte Woche schwimmend im gefluteten Oval Office. Für ein außerirdisches Reptilienwesen wie Trump kein Problem, und „Shape of Water“ war immerhin eine Liebesgeschichte. Genau die hat ein Gutteil des US-Publikums mit seinem röhrenden Romeo; Trump lebt in einer von ihm behaupteten Welt. In der Rolle des Märchentyrannen, der die Welt zwingen will, sich um ihn zu drehen, ist er unstürzbar.
US-Senator John McCain ist tot. War er der gute Konservative, nach dem wir uns in Trumps Zeiten so sehr sehnen?
Trump ist der Zustand, unter dem selbst McCain wie ein „guter Konservativer“ aussah.
Noch ein Nachruf: Dieter Thomas Heck starb am Donnerstag. Wie häufig haben Sie eigentlich Postkarten an die ZDF-„Hitparade“ geschrieben?
Eine Trauerfeier, bei der der Sarg schwerelos entschwebt unter den Worten „Rainer, fahr schon mal das Band ab“ – man kann sich das nicht anders denn als große Show vorstellen. Vertrauen wir auf die Wiedergeburt, denn siehe, der Heck sprach: „Dreimal dabei, bitte nicht wiederwählen.“
Die Kanzlerin ließ sich vor den Sommerferien von einem Internetexperten in einem Intensivkurs die digitale Welt erklären. Geht ’s jetzt bald richtig los mit der Digitalisierung?
„Alexa, regier du doch die Ramschbude“ wäre ärger. Merkels 12-Punkte-Plan zur Digitalisierung spricht immerhin Arbeitnehmerrechte, moralische Grenzen der KI und einen „auch unbequemen“ Digitalrat an. „Das weltweit führende Niveau“ zu wahren oder zu erlangen als Ziel klingt allerdings vermessen und erinnert an Merkels Heimat: 1989 überreichte Honecker dem Gast Gorbatschow einen angeblichen DDR-Chip, der sich als Attrappe erwies. Die DDR-Überlebende Merkel tut, was die Opposition verpennt; wenn sie sich dabei ein bisschen „Mutti im Computerkurs“-Spott abholt, juckt’s sie nicht.
Und was machen die Borussen?
Bayern spielt eins zu eins, dann bekommen sie zwei eher esoterische Elfer und sind Tabellenführer. Kann mich einer wecken, wenn die Saison mal nicht so anfängt? Fragen AFRO, AW, LGU
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus