Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
China, Russland und Südkorea fungieren als Therapeuten für einen ADHS-Tyrannen. Und eine Frage: Kann es eigentlich noch söderer werden?
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Trump droht mit „Regierungsstillstand“.
Und was wird besser in dieser?
Welt reagiert interessiert.
Die Koreas wollen den Kriegszustand beenden. An dessen Stelle solle ein dauerhaftes Friedenssystem treten. Wird das Abkommen als Trump-Friede in die Geschichte eingehen?
Trump – in Kims Worten der „demente Greis, den er mit Feuer bändigen wird“ – schreibt den Wandel seiner „Kampagne des maximalen Drucks“ zu. So sehen Sieger aus. Beim Kuscheln mit ihrem Spiegelbild nehmen beide die Lehre mit, rücksichtslose Aggression führe zum Weltfrieden. Ein beruhigender Gedanke. Kim hatte kürzlich noch die Uhren in seinem Staat eine halbe Stunde vorstellen lassen, weil ihm danach war. Trump zertrampelt gerade das Iran-Atom–Abkommen: Abrüstungsdeals mit den USA scheinen derzeit keine belastbare Ware. Kurz: Dieser Frühling kann so plötzlich implodieren, wie er kam. Die Rolle Chinas, Russlands, Südkoreas als geduldige Therapeuten der beiden ADHS-Tyrannen wird gerade unterschätzt. Vielleicht reicht es für eine Friedensnobelpreis-Nominierung für die olympischen Winterspiele.
Finanzminister Scholz sieht in Griechenland eine positive Entwicklung. Also doch alles richtig gelaufen bei der sogenannten „Austeritätspolitik“?
Wie Scholz binnen Wochen von Elbphilharmonie, Schanzenviertel und G20-Randale auf internationale Finanzpolitik umschaltet, ringt mir Bewunderung ab. Oder Schaudern. Vielleicht kann man das Wirrwarr von EMS, IWF, drittem Paket und Restschulderlass auch gar nicht begreifen und der Job ist, jedenfalls nicht ohne Not den Eindruck zu erwecken, man habe die Patentlösung in der Tasche. Im Nicht-so-Tun-als-habe-er-den-Bogen-raus ist Scholz gut, seinen Kosenamen „Scholzomat“ nannte er schlicht „sehr treffend“. Okay, Sie haben nach Griechenland gefragt, doch hier sei Bahn gebrochen einem Lob des Langweilers. Der Mogul der Machbarkeit ist ein unterbewerteter Gegenentwurf zur Große-Fresse-Krankheit unserer Zeit.
Weil die Rapper Kollegah und Farid Bang mit einem Echo ausgezeichnet wurden und andere ihren daraufhin zurückgaben, wird der Musikpreis nun komplett abgeschafft. Sind prämierte antisemitische Textzeilen wirklich nicht anders zu verhindern?
Bisher war der Echo egal, weil die Musikindustrie dort ihre Verkaufszahlen hochwürgte und das Erbrochene fein püriert an Brunnenkresse einer Festgemeinde erneut servierte. Jetzt ist er überflüssig, weil zwischen Dummheit des Publikums und Ignoranz der Jurys keine Hirnstrommessung mehr Unterschiede ermitteln konnte. Dem Branchenverband wird es gelingen, einen neuen Preis aufzusetzen, der die beiden Kriterien „egal“ und „überflüssig“ erfüllt.
Macron bei Trump, Merkel bei Trump: Wer hat da wen am gekonntesten um den Finger gewickelt?
Frankreich verfolgt eine aggressive militärische Außenpolitik – etwa in Syrien und zuvor in Libyen. Dafür gibt es Bussi vom Chefballermann im Weißen Haus. Deutschland agiert zurückhaltender, bezahlt seine Gasrechnung beim Russen und hat schlimm Humanismus. Das findet Trump very sad. In der Sache haben der charmante Franzose und seine freudlose Schwester aus Berlin Europa repräsentiert. Ohne deutsche Dominanz. Gut gelaufen.
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent, Moderator und arbeitet am Brückentag.
Außenminister Maas hat für einen Sitz Deutschlands im UN-Sicherheitsrat geworben. Haben wir nicht andere Sorgen?
Unser letztes Gastspiel im Sicherheitsrat 2011 und 2012 nutzten Merkel und Westerwelle, um vorausschauend gegen das Debakel des Libyen-Krieges zu stimmen. Als Mittelmacht der Mäßigung kann dies Privileg also Sinn machen. Die Frage ist stets: Wird der Sicherheitsrat sicherer – oder wird der Sicherheitsrat nötiger: durch die Politik seiner Insassen. Kauft Deutschland sich den Hocker durch mehr Kriegsbeteiligung, kann es auch – unleider – draußen bleiben.
Kreuz in Bayern, Kippa in Berlin: Wird mit religiösen Symbolen zu viel Symbolpolitik gemacht?
In Büros, in denen etwa über ein Kopftuchverbot nachgedacht wird, ein Kreuz hinzuhängen, ist, nun ja, söder. Es wäre integrativer, einfach die Logik tot übern Zaun zu hängen. Noch söderer.
Und was machen die Borussen?
Das Fanzine schwatzgelb.de spricht von „einer der peinlichsten Spielzeiten in der Geschichte des BVB“. Nach dem Sieg gegen Leverkusen schickte die Südtribüne die bejubelungsbereiten Profis wieder weg. Haaach. Was ist dagegen ein SPD-Parteitag?
Fragen: AW/havo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut