Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
VW betrügt jeden, Sigmar Gabriel ist immer noch SPD-Chef und Wolfgang Schäuble macht alles, nur die Rente nicht gerechter.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die Türkei ist nicht der EU beigetreten.
Und was wird besser in dieser?
Die EU wird nicht der Türkei beitreten.
Volkswagen will wohl jedem betrogenen US-Kunden fast 4.500 Euro Entschädigung zahlen. Hierzulande gibt es bislang: nichts. Warum?
Also, wenn Sie hier weiter so rumhupen, wird noch Justizminister Maas wach und erinnert sich, dass er genau dies im letzten November noch gefordert hat! Die Amerikaner haben dies mit Sammelklagen erzwungen – ein Rechtsinstrument, das deshalb nun die Grünen auch für Deutschland fordern. Sonst bleibt es bei einem marktüblichen „Werkstattrückruf“, der Betrug bliebe zivil- und strafrechtlich ungesühnt. Lustiger Nebenwiderspruch: Wer seinen alten Stinker wegwarf, um mit 2.500 Euro Abwrackprämie ein neues, sauberes Auto zu kaufen – der war mit einem Schummel-VW schön angeschmiert. Wen kann der verklagen? Und wen kann der Staat verklagen, der den Betrug bezahlte?
Im sächsischen Freital nimmt die GSG9 eine rechtsextreme Zelle auseinander. Lässt der Staat gegen rechten Terror nun endlich seine Muskeln spielen?
Im Vergleich zu den Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrats hat sich der Generalbundesanwalt da erheblich verbessert.
Bundespräsident Joachim Gauck, das deutsche Staatsoberhaupt, findet übrigens, dass der Majestätsbeleidigungsparagraf 103 – Sie erinnern sich: Böhmermann und so – nicht so schnell abgeschafft werden sollte. Das ist jetzt aber schon Satire, oder?
Auch den Artikel 90, der den Bundespräsidenten selbst unter ähnlichen Schutz stellt, lobt Gauck als Mahnung an „den Respekt, den wir einander in einer Demokratie schulden“. Sagt der Bundespräsident morgens zu einer seiner Frauen: „Schatz, ich fühl mich so unterglimpft heute.“ Dabei ist „Glimpf den Gauck“ eine Aufgabe, der sich die veröffentlichte Meinung hingebungsvoll angenommen hat.
Was er meinen könnte: Das majestätische „Wir“ der Monarchen sollte die ganze Nation beinhalten, und es lebt im überpersönlichen Rang der Staatsoberhäupter vor. Nur kann heute von „Nation“ (lateinisch: natus, geboren) weniger die Rede sein als von „Bevölkerung“ oder bestenfalls „Staatsvolk“, also die Summe derer, die sich zu einem Land und seinen Werten bekennen. Es ließe sich also fordern, Menschen sollten einander mit Respekt ungeachtet ihrer Herkunft, Rasse, Geschlecht … ja, schon gut. Grundgesetz Artikel 3. Gauck kann auch nicht alles kennen.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (73) ist einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre nicht abgeneigt. Warum nur 70? Ist Schäuble altersmilde geworden?
Das ist ein Traditionsbetrug, politische Folkore: Die Rente hinauszögern, die Rente absenken, die Beiträge erhöhen – dazwischen lagen alle Vorschläge der letzten 30 Jahre. Von diesen drei Ansätzen ist der beste der vierte, und deshalb wird nicht drüber geredet: Wieso machen Kappungsgrenzen den Rentenbeitrag niedriger, je mehr man verdient? Wieso zahlen Selbstständige und Beamte nichts? Auch hinter dem Vorstoß des weisen Wolle fehlt der unsichtbare Halbsatz: „… oder wir müssen das System gerecht machen, doch das will nun wirklich keiner.“
Wo wir gerade bei Alter und Vorsorge sind: Eine Studie beweist, dass die Jugend damit überfordert ist. Aber sind nicht alle mit der Altersvorsorge überfordert?
Nee, mit ihrer Liberalisierung. Detail: Laut der Studie wünschen viele Junge, mehr „Automatismen“ – böse gesagt: einen elterlichen, versorgenden Staat. Und damit fordern sie nicht mehr, als ihre Eltern und Großeltern hatten, vor dem Durchmarsch des „Privat ist immer besser“-Neoliberalismus.
SPD-Chef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel findet, dass Ägyptens, sagen wir mal umstrittener Herrscher Abdel Fattah al-Sisi ein „beeindruckender Präsident“ sei. Wie beeindruckend finden Sie eigentlich Sigmar Gabriel?
Nein, echt? Der ist noch SPD-Chef?
Arturo Vidal vom FC Bayern flog gegen Werder durch den Strafraum. Astreine Schwalbe. Strafstoß. War das nur unfair oder schon Kunst?
Sie meinen, die Arschlochnummer sei von der Meinungsfreiheit gedeckt?
Und was machen die Borussen?
Ich habe Hertha BSC gegen Bayern die Daumen gedrückt und sogar flehentliche Briefe an den weltweit einzigen Hertha-Fan, taz-Korrespondent Ralf Sotscheck, geschrieben. Weder gewann Hertha, noch nahm Ralf Vernunft an. Es ist hart.
FRAGEN: JÜK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“