Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Genscher, der Glücksfall im Äußeren, Erdoğanbeleidigen beim Unterstufensportfest und Apple-Spionage zum Geburtstag.

Zwei Personen in grünen Kostümen auf Rollerblades stehen auf einer Bühne und halten Händchen. Man sieht sie von hinten

Wollen wir wirklich Kontakt mit Aliens aufnehmen? Foto: ap

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Nach verlorenen Landtagswahlen raucht die Union in Umfragen weiter ab.

Und was wird besser in dieser?Gerhard Schröder hat in vergleichbarer Situation Neuwahlen anberaumt.

Hans-Dietrich Genscher, der Außenminister der Einheit, ist gestorben. Was schreiben Sie ihm ins Kondolenzbuch?

Genschers Liberalismus war von aggressiver Meinungsfreiheit kaum zu unterscheiden. Er konnte mit Schmidt und Kohl, gegen und mit Moskau, Radikalliberalen wie Völkisch-Freiheitlichen. Im Äußeren ein Glücksfall: der Deutsche, der zuhörte und Verbindendes suchte; konturlose Freundlichkeit des durchreisenden Handelsvertreters. Im Inneren ein Erbe aus warmer Luft, die FDP implodierte irrlichternd ohne den Mann, der ihr Programm durch sich ersetzt hatte.

Noch was?

Ja. Zu groß auch für seine kleine Partei, niemand vermochte ihn zu stürzen, und die ihm folgten, vermochten nicht, ihm zu folgen. Vielleicht auch, weil er bei der Talentförderung von Möllemann bis Westerwelle den eigenen Machterhalt stets im Auge behielt. Bei der Zersetzung Europas oder im Ukraine-Konflikt fehlte Genscher schon zu Lebzeiten; jedenfalls der Genscher, den man sich aus seinem politischen Lebensweg gern hochgerechnet hatte. Typisch Genscher: Vielleicht war er gerade ein anderer Genscher, oder mehrere, man wird es nicht mehr erfahren.

Der türkische Präsident Erdoğan hat sich über einen Song des NDR-Magazins „Extra 3“ so sehr aufgeregt, dass er den deutschen Botschafter hat einbestellen lassen. Kann die Satire bei so viel Realsatire überhaupt noch mithalten?

Das Stück ist so bedingt humorig, dass sogar Michael Hanfeld in der FAZ es gut findet. Eher ein rustikales Stakkato über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei, mit der Brechstange gereimt und von einer Männerstimme nenafern aufs Playback getackert. Erdoğans Reaktion tat dem Werk die Maximalveredelung an. Und warum soll es nicht auch mal eine Sendung treffen, die seit 40 Jahren liefert und immerhin auch die NDR-Entscheider adelt, die das durchgehalten haben.

Und Böhmermann?

Das wirkt wie ein schwer neidischer zweiter Platz im Erdoğanbeleidigen beim Unterstufensportfest. Carolin Emcke fragt in der Süddeutschen luzide, ob Erdoğan sich so allmächtig wähne, dass ihm die Struktur der deutschen Meinungsfreiheit wumpe sei – oder so beängstigend schlecht informiert über die hiesige Gewaltenteilung. Dritter Vorschlag: Erdoğan lässt die türkischstämmigen Deutschen wissen, dass türkische Patrioten hiesige Werte nicht so ernst nehmen sollten. Das ist die aasigste Version, da ist er selbst Satiriker. Immerhin schlechter als alle hier Beteiligten.

US-Wissenschaftler wollen zusätzlich 20.000 Sternensysteme auf mögliche Funksignale von Aliens untersuchen. Die Frage ist: Wollen die überhaupt von uns gefunden werden?

Eben! Und wir von denen? Stephen Hawking meint, die größte Gefahr dabei sei, auch etwas zu finden. Vulgo: Der Meister schätzt die Chancen gering ein, dort draußen jemanden zu finden, der noch dümmer ist als wir. Man hole sich sozusagen die Konkurrenz ins Haus mit irgendwelchen Froschköppen, die uns überlegen sein dürften. Hey, das ist ja die gleiche Denke wie Pegida!

Donald Trump will Frauen für Abtreibungen bestrafen. Ob er sich schon mal darüber Gedanken gemacht hat, dass die Mehrheit der US-WählerInnen weiblich ist?

Danach, deshalb wurde die Aussage zurückgeholt: Er habe an Strafen für Abtreibungskliniken und Ärzte gedacht, schob das Trump-Lager nach. Die allfällige Schlagzeile „Trump rudert zurück“ gewönne an Kraft, wenn man den Eindruck hätte, Trump rudere überhaupt irgendwohin. Bisher schafft er alles mit Wasserverhauen.

Apple ist 40 geworden! Sind Sie Fan oder Feind?

Hat Apple Sie gebeten, das unauffällig rauszukriegen ?

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat erstmals seit 18 Jahren Italien besiegt! Kennt Ihre Euphorie vor der Europameisterschaft jetzt überhaupt noch Grenzen?

Im neuen Deutschen Fußballmuseum – recht wesentlich der Nationalmannschaft gewidmet – schritt ich vier Meter Frauenfußball, sechs Meter Schiedsrichterwesen und zwei Meter Fußball in der NS-Zeit ab. Das Italienspiel … na ja komm, ein Zentimeter.

Und was machen die Borussen?

Nun gegen Klopps Liverpool und dann sowieso Schalke. In Amerika gibt es getrennte Charts für Soul und Pop. Wir sind Nr. 1 der Soul-Liga.

FRAGEN: MLK, JÜK

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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