Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Das Merkelzehnt ist rund, Krieg bleibt Krieg und Matthias Matussek geht besser nicht mehr ans Telefon. Xavier Naidoo? Tief, tiefer, am tiefsten!
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Das könnte Sie jetzt verunsichern.
Und was wird besser in dieser?
Das Merkelzehnt rundet sich. Nach Positionen – Atomkraft, Wehrpflicht, Flüchtlinge, Kriegseinsätze, Waffenexporte – war sie circa drei Kanzlerinnen.
Nach dem Terror in Paris schreiben Journalisten von „Krieg“. Sogar der Papst spricht vom Dritten Weltkrieg. Ziehen Sie mit?
Wer das segensreiche Wirken europäischer Truppen in Afghanistan, Libyen, Syrien „Frieden“ nannte, darf jetzt überrascht gucken. Krieg ist schwer zu erklären, doch leicht zu erklären: die nun Terror geheißene Strategie eines der Gegner hat erkennbar einen starken Zug vor die Kameras. Immerhin barg die Auswahl einer Länderspiel-Arena die Option, 9/11 in der Disziplin Liveübertragung zu toppen. Diese größtmögliche Publizität des Grauens darf man als Gegenteil und Gegenschlag lesen: von „embedded journalism“, von „humanitärer Intervention“, „peace-keeping“ und vor allem „Fresse-keeping“ – Propaganda unsererseits. So wächst dem bitteren Moment, als François Hollande „Krieg“ sagte, ein anderer Grundton zu: der eines erzwungenen Geständnisses. Papst Franziskus verwendete seine wiederkehrende Vokabel in Bosnien, und umfasste so auch die Anfänge der neuen europäischen Kriegsabenteuer. Oder wie man in Deutschland sagt: 100 Jahre Fortschritt _ vom Siegfrieden zum Kriegfrieden.
Das Fußballspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden wurde am vergangenen Dienstag wegen Terrorverdachts abgesagt. Wie konkret der war, erfahren wir leider nicht, denn „Ein Teil meiner Antwort würde die Bevölkerung verunsichern“, sagt der Innenminister. Hat de Maizière einen „Vertrauensvorschuss“ verdient?
Die Wendung deutet darauf hin, dass ein Teil unserer Fragen den Minister verunsichert. De Maizière, als Mitglied der Schülerunion in einen Kessel Besonnenmilch gefallen, überzeugte nach dem Charlie-Hebdo-Massaker mit einer klaren Haltung der Mäßigung. Ein Innenhandwerker sorgt für Ruhe, ein Innenpolitiker für Stimmung. Ein de Maizière scheint derzeit ein Gesprächskreis aus beiden zu sein.
Nach den Anschlägen in Paris sind laut ARD-Deutschlandtrend mehr als 90 Prozent der Deutschen für schärfere Sicherheitsmaßnahmen. Sie auch?
Die Reihenfolge erheiterte; im Herzen dürften 90 Prozent dieser 90 Prozent für schärfere Sicherheitsmaßnahmen vor den Anschlägen von Paris sein. Geht leider nicht mehr. Also erspart auch ein solches Umfrageergebnis die Analyse der Katastrophe nicht. Und liefe sie etwa darauf hinaus, dass es eine gute Idee sein könnte, ein paar Hauptsponsoren und Paten von IS an den Tisch zu bitten und zu reden, wären 90 Prozent der Umfragegläubigen enttäuscht.
Die ARD widerruft ihre Entscheidung, den Reichsbürger Xavier Naidoo zum ESC zu schicken: Wer fährt nun statt seiner nach Stockholm?
Bei der ARD traditionell der Zweitplatzierte – der Weg für Ken Jebsen ist also frei. Bei Conchita Wurst jubelte die ESC-Fraktion über die Einheit von Künstler und Werk. Nüchtern: ein austauschbares, schnell vergessenes Liedchen als Vehikel für ein genderpolitisches Gesamtkunstwerk. Eben drum war’s Mumpitz, bei Naidoo wohlfeil Wohlgesang und schlimmen Hirndurchfall trennen zu wollen. Da kann man auch Akif Pirinçci zum Katzenliteraturkongress schicken. Gehen wir davon aus, dass die ARD vorher alle weniger zweifelhaften Künstler angefragt hatte. Und auf der Liste ziemlich weit unten angekommen war. Nun noch eins runter.
Die Bundespolizei hat so akuten Personalmangel, dass jetzt auch tätowierte Bewerber eingestellt werden. Welche Tattoos finden Sie angemessen?
Den Grundgesetzartikel, wonach Polizei Ländersache ist und es deshalb eine „Bundespolizei“ nicht geben kann. „Alles Schlampen außer Mutti“ wäre zu missverständlich.
Alt-Enfant terrible Matthias Matussek ist bei der Welt rausgeflogen, weil er gepöbelt haben soll. Was soll er denn jetzt nur tun?
Geht nicht ans Telefon. Blanke Angst vorm Anruf des ARD-Mannes vom ESC.
Franz Beckenbauer hat sich geäußert. Er will reden. Er will Aufklärung geben über die 6,7 Millionen. Aber der DFB habe sein Gesprächsangebot ausgeschlagen. Warum tut der deutsche Fußballverband diesem guten Mann das an?
Och komm. Da kann man auch den kleinen Häwwelmann zu Raumfahrtthemen befragen. Der Mann ist Fiction.
Und was machen die Borussen?
Erhöhen den Druck auf Bayern, ein paar Spiele von allein zu verlieren.
FRAGEN: AFRO
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten