Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Viel Lalülala, Donald Trump als Traumbesetzung, ein Wahlkampf als Kindergeburtstag und eine pubertär-suizidale SPD, die niemanden interessiert.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in dieser Woche?
Friedrich Küppersbusch: Ständig Lalülala! Man bangt bei dem Wetter um die älteren Mitbürger.
Und was wird in der nächsten besser?
Spiegel-Online-Schlagzeile „Helmut Schmidt kann wieder rauchen“.
Donald Trump hat sich durch das TV-Duell der Republikaner geschimpft: sexistisch, rassistisch, stumpf. Hat er Chancen?
Ich kaufe ein „trotzdem“ und löse: Vermutlich ist er unter Eskalationsgesichtspunkten des Medienwahlkampfes eine Traumbesetzung. Man kann sich das ausmalen wie eine Fusion der Formate „Kanzlerduell“ und „Dschungelcamp“. „Altes Europa“ steht für ein vermutlich auch nicht mehr sehr treffendes Verständnis von Staat als oberstem Souverän, der etwa die Wirtschaft überwacht. Aus den USA begegnet uns zunehmend deutlich ein Konglomerat von Wirtschaftsinteressen, die einen politischen Arm haben, und Wahlkampf ist dessen großer, bunter Kindergeburtstag.
Nach der Farce um die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org ist Range weg. Jetzt wächst aber auch die Kritik an Maas, Maaßen und de Maizière. Blicken Sie da noch durch?
Je mehr ich lese, desto weniger. Das riecht schon nach einem Untersuchungsausschuss. Oder wenigstens sollte man in Griechenland ein Referendum abhalten, ob es einen gibt. Die haben ja intakte demokratische Strukturen da.
Die NDR-Journalistin Anja Reschke hat sich in den Tagesthemen über rassistische Hetze im Netz beschwert – und bekommt dafür viel Feedback. Mutig?
Einfach zu klären: Welcher „Tagesthemen“-Kommentar vor Reschkes Furiosum hat zuletzt so viel Welle gemacht? Ich vermute, Sie rechnen gerade in Jahrzehnten. Allenfalls die jährlichen Kommentatoren-Charts werden notiert, und bei manchen öffentlichen Übungen in Prompterlesen raunt es im Publikum „Wie? Loriot lebt?“ Das mag vielen schmissigen Ansprachen Unrecht tun, doch der bekannteste ARD-Kommentar ist längst Gernot Hassknecht vom ZDF. Also erst mal klasse, wie Reschke aus einem Kropf einen Kopf macht. Neu am Hater-hate von Reschke wirkt, dass sie nicht über die BMW-Fahrer der Meinungsforen spricht, sondern die sich alle gut angesprochen fühlen können. „Tagesthemen“ verlässt so den näselnden Gouvernanten-Style und sortiert sich als Partei ein. Das ist ehrlich und Aufklärung im besten Sinne. Auch weil man sich mit dem Zitieren mieser Sprüche angreifbar macht. Lasst es krachen oder schafft den Nichtkommentar ganz ab!
Putin lässt nun alles zerstören, was aus dem Westen kommt, auch die Lebensmittel. Können die Russen ohne deutsche Äpfel noch klar denken?
Mit Äpfeln, Tomaten und Milch zerniert jeder Bulldozer auch gescheiterte EU-Politik. Kein Grund zur Häme also. Der Irrtum, man könne Kontinentalpolitik zunächst und nur mal so zum Ausprobieren als reine Wirtschaftspolitik angehen, ist keine Idee Putins.
Nach 16 Jahren macht Jon Stewart Schluss mit seiner „Daily Show“. Wer wird jetzt das linke Gewissen der USA?
John Oliver, „Last week tonight“, HBO. Ex-Ensemble-Mitglied von Stewart, wie auch Stephen Colbert und Larry Wilmore, die inzwischen eigene Shows präsentieren. Die „Daily Show“ – Vorlage der „Heute Show“ – läuft bei „Comedy Central“ vor höchst übersichtlichem Publikum. Ehrlich umgerechnet hätte ihr Marktanteil in Deutschland kaum eine Überlebenschance. Heißt: Respekt für einige deutsche Produktionen, die mehr Publikum reinholen müssen und trotzdem etwas riskieren, wie die „ZDF-Anstalt“. Und Staunen über Amerika einmal mehr, wo die Satire die Nachrichten bringt und Fox News den frei fabulierten Blödsinn. Und – dass in diesem Land Kritik an den Verhältnissen ein keuscher Minderheitenspaß geworden zu sein scheint.
Das Sommerloch ist da, aber die Hinterbänkler der Parteien haben es noch nicht gemerkt. Bisher sind kaum sinnfreie Vorschläge von ihnen gekommen. Können Sie aushelfen?
Es ist noch viel ärger. Früher nutzte die SPD zuverlässig die Sommerpause, sich immerhin in sich selbst zu verbeißen und durch allerhand Gemetzel darauf hinzuweisen, dass es sie vermutlich gibt. Inzwischen kloppen die Leute auf den Soziwecker und drehen sich noch mal um. Selbst die etwas pubertäre Selbstmorddrohung: „Wir stellen keinen Kanzlerkandidaten auf, und bei der Beerdigung gucken wir dann, wie alle um uns weinen“, verfing nicht mehr.
Und was machen die Borussen?
Tuchel muss weg. Er küsst Spieler wach, die ich längst verkauft hätte. Ich lasse mich doch nicht von einem hergelaufenen Profitrainer blamieren.
FRAGEN: AFRO, PW und YAG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein