Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Erika Steinbach ist zum Schämen, Oskar Lafontaine könnte als Fußnote enden – und wer weckt eigentlich die Kanzlerin?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Ich komm auf Sommerreifen nicht bis zur Werkstatt 500 Meter weit, um Winterreifen zu holen.
Was wird besser in dieser?
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Ich entwickle Routine beim Bürgersteignachwürzen.
CSU und FDP zanken sich unaufhörlich über die Köpfe der CDU weg. Keine hundert Tage nach Amtsantritt wünschen sich die Streithähne schon einen Neustart. Gute Idee?
Schlechte Bands wählen ihre Vorgruppen so aus, dass man mit dem Main Act schon deshalb zufrieden ist, weil da, na ja, wenigstens die Gitarren gestimmt waren oder so. Die MERKELS werden in dem Sinne mal wieder Abräumer der Hallensaison, allein weil die DREI KÖNIGE und THE KREUTHS ihre jahresübliche Kakophonie besonders schrill, aggro und sinnfrei in die Halle kotzen. Diese Termine sind dazu da, dass die Kleinen sich ein bisschen profilieren dürfen, bevor das große Durchwinken weitergeht. The Battle of the Büttel. Lad ich nicht mal illegal runter.
Guido Westerwelle verspricht den Türken die EU-Mitgliedschaft. Die CSU findet das gar nicht richtig. Wer hat den nun recht?
Die Amis. Sie wollen EU und Nato deckungsgleich, um beides für ihre Geostrategien benutzen zu können. Die Türkei muss da als "der Flugzeugträger im Nahen Osten" (Helmut Schmidt) mit rein. Die CSU könnte einem religiös unterwanderten Staat aufgeschlossen gegenüberstehen, die FDP schon aus ihrer streng säkularen Tradition heraus nicht. Also eh gerade ganz wumpe, die CSU bedient das rechte Ressentiment und die FDP das großbürgerliche. Die EU ist als Gemeinschaft von Idealisten zum Bersten überdehnt. Allerdings hat Europa mit der Türkei innere und historische Verbundenheit jedenfalls nicht weniger als mit Weißrussland oder sonstigen Nato-Annektionen.
Causa Erika Steinbach und kein Ende: Soll Westerwelle auf die Vorschläge der Vertriebenenpräsidentin eingehen?
Oder soll mal jemand Frau Merkel wecken? Die macht es sich echt gemütlich als inoffizielles Durchtriebenen-Maskottchen: Immer mal so tun, als ob man mit den Vertriebenen aber so was von Buddy, und dann den Steinmeier gegen den Westerwelle tauschen bei Beibehaltung des Textbausteins. Das bringt allerhand Profil und null politische Lösung. In einem eindrucksvollen, guten "Heute"-Interview hat Klaus Kleber Frau Steinbach jede Gelegenheit gegeben, auszuführen, dass sie keine Lösung hat. Die Vertriebenen haben Lastenausgleich bekommen, sie können in europäischer Freizügigkeit jederzeit dahin, wo sie hinwollen - und die heutige Funktionärsgeneration hat die Vertreibung nicht mehr erlebt. Ignatz Bubis sagte mal für die deutschen Juden: "Vertriebene sind wir auch." Steinbach ist was zum Sichschämen.
Der Einsatz von Körperscannern bleibt umstritten. Ende Januar wird der Innenausschuss des Bundestags darüber beraten. Wie sollte dieser entscheiden?
Mir tun manchmal die 7,50-Euro-Leute leid, die mir, durchgeschwitzt nach einem langen Arbeitstag, beherzt und aufgeschlossen in die Achsel packen müssen. Also - Playmobil-Männchen-Silhouetten beim Scanner anzugucken stattdessen scheint mir humaner. Die ganze Debatte existiert, weil das Wort "nackt" drin vorkommt und gerade auch Onlinemedien gern nach der alten Stern-Titel-Regel verfahren: "Empörend! Immer mehr nackte Weiber in den Medien! Lesen Sie dazu unsere enorm kritische Fotostrecke auf S. 5-160!" Der Scanner hätte den Delta-Air-Angriff nicht verhindert, noch wird die Taliban einsichtig auf Selbstauflösung plädieren, wenn Bosbach es spannend macht.
Seine "Kopftuchmädchen" sorgten für Aufsehen, und seine Gegner in der SPD lassen nicht locker - und holen sich jetzt wissenschaftlichen Rat. Soll Thilo Sarrazin die SPD wegen seiner Äußerungen verlassen?
Nein, Sarrazin soll die SPD wegen ihrer Äußerungen verlassen. Ich bin mal gespannt, was sie sagt. Als "Neue Mitte"-Designerpartei hat sie die sich so empfindenden "Modernisierungsverlierer" abgeworfen. Die stehen auf so n Dummzeug, wenn man ihnen nichts Besseres als Sarrazin vorsetzt.
Linkspartei-Chef Lafontaine lässt weiterhin offen, wann er über eine Rückkehr auf die politische Bühne entscheiden will. Soll er überhaupt zurückkommen?
Lafontaine hat die Chance, als armseliger Egotripper eine tragische Figur in einer Fußnote zu werden. Oder als die große, auch widersprüchliche Persönlichkeit, auf deren Schuhe nicht ewig der Schatten Schröders fiel, die eine neue moderne Linke denkbar machte. Für Letzteres noch mal extra Gute Besserung!
Und was machen die Borussen?
In Ahlen/Westfalen am Dienstagnachmittag sonnig bei dann vermutlich auch eher 40 cm Gesamtschnee. Gute äußere Bedingungen, auch das dritte Testspiel nach Gladbach und Cottbus zu vergeigen. Und dann werden wir irgendwie noch Meister. Doch, doch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt