Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Obwohl wir jetzt im Sicherheitsrat sitzen, laufen immer mehr Leute weg aus Deutschland. Ist der Baron daran Schuld?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Guttenberg nennt Spekulationen über seine Wahl zum Kanzler "bizarr".
Was wird besser in dieser?
Union besinnt sich: Seit wann werden Barone "gewählt?!"
Die Nato versucht, sich neu zu definieren. Kommt die Raketenabwehr für Europa nun?
Russland soll mit in die Nato und unter ihren Raketenschirm, fordern CDUler wie Volker Rühe und die SPD eh. Malen wir mit dem Edding einen Kreis um diese Grönaz (größte Nato aller Zeiten), haben wir einerseits: einen Nichtangriffspakt der gestern noch Kalte-Kriegs-Parteien. Hier unterscheidet sich die Obama-Aera vernünftig vom bloßen Vordrängen der Nato-Ostgrenze aus dem Hause Bush.
Zum anderen zeigt unser Gemälde plötzlich die militärische Version von Brandts Mahnung "Der entscheidende Konflikt der Zukunft wird der Nord-Süd-Konflikt sein". Sie können es dann "Christliche gegen den Rest der Welt" nennen. Für den Anfang wäre ein Erfolg, aus Deutschland und Europa verschwänden die US-Atombomben. Noch weigert sich auch Frankreich, seine herzugeben. Der Raketenschirm wird kommen, und nur mit Glück und Vernunft wird es ein reiner Abwehrschirm sein.
Stephanie zu Guttenberg jagt bei RTL II Kinderschänder. Nun ermittelt die Medienaufsicht. Endlich?
Dem ging die Entlassung der Unterhaltungschefin und eine branchenintern beachtete Debatte über neue Programmqualität bei RTL II voraus. Nun mal gucken, ob Steffi G. den Sender ministrabel macht oder das Amt ihres Gatten mit einem Hauch "Frauentausch" kontaminiert. Die Sendung folgt der guten alten Stern-Logik "Skandal! Immer mehr nackte Weiber in den Medien! Lesen Sie dazu auch unsere erschütternde Fotostrecke auf den abwaschbaren Seiten 3-114".
Die Methode, potenzielle Kriminelle im Chat anzulocken und dann vor laufender Kamera bloßzustellen: ja nun ! Wenn eine Finanzministergattin dort sehr lohnende Steuertricks verspräche, und die Liechtenstein- und Schweiz-Reisenden dieses Landes würden angeprangert, würde ich es wohl gucken.
Friedrich Küppersbusch ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
FDP und Union fordern mehr Männer in Kitas und als Gleichstellungsbeauftragte. Und die Grünen möchten eine 40-Prozent-Quote von Frauen in Aufsichtsräten. Wer hat recht?
Ich. Erstens: Durch Erhalt des Zivildienstes wäre eine wichtige Nachwuchsquelle für Männer in Betreuungsberufen gesichert. Hat Schwarz-Gelb ruiniert. Zweitens: Kindergärten und Grundschulen als weitgehend entmannte Zonen verdanken sich laut Ver.di der erhaben schlechten Bezahlung dort. Das haben die öffentlichen Arbeitgeber in der Hand. Drittens: Aufsichtsräte bestehen aus Vertretern der Anteilseignern und, in Deutschland, Arbeitnehmervertretern. In deren Fraktion wäre eine Quotierung sinnvoll. Um die Eigentümerseite angemessen abzubilden, reicht vermutlich ein reines Männerboard. Das wird auch verfassungsrechtlich spannend, ob die künftig alle ihre Steffie (s. zu Guttenberg) schicken müssen.
Deutschland ist im UN-Sicherheitsrat. Grund zur Freude?
Heißa. Als Kinkel, Kohl und Rühe mit dem sacht absurden "Kampfeinsatz" in Somalia zu den Waffen griffen, war die gemunkelte Glücksverheißung, Deutschland müsse als "Mittelmacht" in den Sicherheitsrat, und dafür sei nun mal ein tüchtiges Mannbarkeitsritual fällig. Inzwischen sind wir an zehn Kriegen beteiligt, und, nun ja, was würde sich ändern, wenn statt irgendeiner anderen Militärmacht nun also die deutsche dort mehr zu sagen hat. Einen ständigen Sitz wünsche ich Deutschland nicht, dafür hat sich die friedenspolitische Haltung zu klar als reine Modeware erwiesen.
58,4 Prozent der Deutschen wollen Muslime in ihrer Religionsausübung erheblich einschränken. Woher dieser Rechtsruck?
Ausweislich der Zahlen sind wir ein Auswanderungsland, unterm Strich laufen mehr Leute weg - etwa in die USA, die sich auf Multikulti gründen. Ich staune über die Restmacht der Medien, mit ein paar handverlesenen Irren ein komplett surreales Thema zu setzen, und der Oberdali dieser Irren möchte nun also Herr Seehofer sein. Und Frau Merkel, die "Multikulti für absolut gescheitert" hält, weswegen sie vermutlich morgen die Mauer wiedererrichtet. In der ausländerfreien Zone hat sie ihre Ruhe.
In Berlin hat die erste Hitler-Ausstellung eröffnet. Ihre Meinung?
Eine Rezension hasst auf eine Devotionalienstätte ein, eine andere freut sich über die Würdigung des popkulturellen Aspektes der Figur. Klingt interessant.
Und was machen die Borussen?
Die örtliche Westfälische Rundschau hat Samstag getitelt mit der Zahl der Tage, seit zuletzt der BVB Tabellenführer war. So verkauft man Zeitungen: zum Übers-Bett-Hängen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett