Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Ehec-Panik ist Wurst, Fußball kriegt die Blattern und Mario Barth als fremdbestimmter SPD-Kanzlerkandidat.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küpperbusch: Ein Dortmunder Polizeibeamter, der einen schuldfreien Radler verbußgeldet, weil er "zwar nichts gesehen hat, aber bei Polizisten auch eine Vermutung ausreicht".
Was wird besser in dieser?
Ich kläre mit meinem Anwalt, ob ich Klarnamen des Polizisten schreiben kann. Bleiben Sie dran.
Der gefährliche Darmkeim Ehec sorgt momentan für einen vitaminarmen und panikreichen Lebensstil unter den Deutschen. Wie stehen Sie zu dieser rohen Kost?
Ist mir Wurst. Schön vom Grill mit süßem Senf.
Zwischen Deutschland und Spanien kriselt es. Und wer ist daran schuld?
Die Gurke. Nun fordert Spaniens Agrarministerin Rosa Aguilar, alle von der Ehec-Krise betroffenen Produzenten in der EU für ihre Einkommensverluste zu entschädigen. Gerechtfertigt? Mangels Schurkenstaaten jetzt mal Gurkenstaaten, das zeigt einen interessanten Zeitaspekt: Wo früher "alle Räder still" standen, wenn "unser starker Arm das will", lächelt die globalisierte Industrie heute, wenn eine Gewerkschaft ein paar Jobs wegstreiken möchte. Hingegen wirds sofort panisch, wenn des Arbeiters promovierter Enkel, der schlafende Riese Verbraucher, sich nur im Bett umdreht. Eine schlagkräftige Verbrauchergewerkschaft könnte dem guten Opa DGB ein neues Gebiss finanzieren. Was Entschädigungen angeht: Der Agraretat ist der größte der EU und sorgt schon so für ausreichend Unrecht gegenüber Dritte-Welt-Produzenten.
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Am Dienstag wurde Jörg Kachelmann vom Landgericht Mannheim nach neunmonatigem Prozess freigesprochen. Ein Hoch auf das Urteil?
Über das Urteil kann sich keiner freuen. Das ist ein gutes Ergebnis.
Joseph Blatter wurde als Präsident des Weltfußballverbands Fifa wiedergewählt. Ein Freudenfest des Sports ?
Ja, endlich ist es gelungen, die katholische Kirche in Leder nachzubauen. "Fifa"-Schilder säumen die Autobahnen rings um die Damen-WM-Stadien im Ruhrgebiet, und wie bei den letzten beiden Herren-Turnieren werden die öffentlich-rechtlichen Reporter die vier Buchstaben loben und preisen für mein Geld. Das Elend des Sportjournalismus in den elektronischen Medien rührt von der mafiösen Situation, dass nur berichten darf, wer nächstes Mal noch Rechte kaufen möchte. Das hat die Tour de France zu einer albernen Apothekenrundfahrt gemacht, und nun kriegt halt der Fußball die Blattern. Sollte die Marktwirtschaft ausnahmsweise mal funktionieren, gäbe es einen zweiten, besseren Fußballverband.
Die Bundesärztekammer will zukünftig härter gegen Ärzte durchgreifen, die Patienten beim Suizid helfen. Für was sind Sie: Ungewollt leben lassen oder gewollt sterben lassen ?
Ich mache eine Patientenverfügung, gut, dass Sie mich dran erinnern. Ich glaube, damit kann man ein Großteil der Probleme abräumen - vor allem das, die ÄrztInnen mit der tödlichen Entscheidung allein zu lassen. Ich möchte deren Ermessensspielraum ("Wenn ich diese oder jene Maßnahme unterlasse, stirbt der Patient") nicht auf meinem Gewissen haben.
Am Montagabend beginnt in Paris das Treffen der G-8-Außenminister. Kann Westerwelle dort was reißen?
Die Demokratiebomben zerlegen Libyen - davor hatte Westerwelle gewarnt. Der deutsche Atomausstieg wird von günstigsten Wirtschaftszahlen orchestriert: Westerwelle könnte. Er könnte das Amt jetzt von innen erwerben. Oder es bleibt die Konkurssumme seiner Karriere.
Sollen auch Nichtmitglieder den Kanzlerkandidaten bestimmen dürfen?
Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles stößt mit der Idee auf Widerstand. Wer hat recht? Wenn organisierte Junge-Union-Brigaden Mario Barth zum SPD-Kanzlerkandidaten gewählt haben, bin ich überzeugt. Auch Helmut Schmidt hätte Chancen, wenn nur Konservative mitmachen.
Dortmund-Trainer Jürgen Klopp lässt seinen Werbevertrag mit dem Versicherer Ergo ruhen, bis der seinen Sexskandal aufgeklärt hat. Prüde oder plausibel?
Nach dem entscheidenden Meisterschaftsspiel soll das Bier knöchelhoch in der Kabine gestanden haben, sagen Quellen aus dem Umfeld des Getränkelieferanten. So geht Incentive.
Und was machen die Borussen?
Es ist längst kein Schuldeingeständnis, wenn man den 22-jährigen Torschützenkönig Belgiens holt. Wohl kein Schnäppchen, über die Ablöse wurde Stillschweigen vereinbart. Doch die 22 Dinger des jungen Kroaten Perisic imponieren und ohne Kagawa war bei uns vorne oft dunkel.
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