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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Merkels verlorene Kohl-Jahre – und Ämterrotation zwischen Rehhagel, Wulff und Gottschalk.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mir wird Peter Hintze fehlen.

Was wird besser in dieser?

Bild: taz
Im Interview: FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Merkel korrigiert ihren Fehler, wichtige Player ausgegrenzt zu haben. Die Linkspartei bleibt außen vor, doch sie holt Kai Diekmann mit in die Findungskommission.

Christian Wulff ist zurückgetreten. Er fühlt sich nachhaltig beeinträchtigt. Angela Merkel hat ihm lange Zeit den Rücken gestärkt. Wie nachhaltig wird das die Bundeskanzlerin beeinträchtigen?

"Den Rücken stärken" ist eine hübsche Formulierung für "mit beiden Händen wegschieben". Das Restrisiko, Wulff könnte im Zuge einer Notstandspsychose aus dem Bellevue ins Kanzleramt geputscht werden, ist nun auch erledigt. Ich möchte nicht von einem Kabinett aus Veteranen, Zweit- und Drittligapolitikern regiert werden, nur weil die Teamchefin so durchsetzungsstark ist. Merkel geht persönliche Machtabsicherung vor starkem Kollektiv; das ist biografisch so nachvollziehbar wie inhaltlich töricht. Das sind Kohl-Jahre, also verschenkte Jahre.

Ein neuer Präsident muss her. Wer wäre denn verfügbar? Haben Sie einen Favoriten?

Merkel. Und dann endlich Neuwahlen. Der gesellschaftlichen Entwicklung hätte in den 80ern eine Frau, in den 90ern ein Ossi entsprochen - Süßmuth, Thierse. Immerhin waren zuvor mit Heuss, Lübke, Carstens, Scheel, Weizsäcker allerhand NS-Verstrickte im Amt resozialisiert worden, wohlwollend: trugen zur inneren Aussöhnung bei. Heute wäre ein solider Migrationshintergrund das, was die gestische Wucht des Amtes sinnvoll umsetzte.

Und da ist es schon ein Statement, nach Christian "Der Islam gehört zu Deutschland" Wulff standrechtlich eine bunte Auswahl christlicher Pfaffen auszugucken. Wenns nur einer mit ordentlich Mitgliedern sein sollte, sähe ich DGB-Chef Sommer knapp vor dem ADAC-Präsidenten. Ich mag nicht glauben, dass dieses Land Parteipolitiker, Kirchenfürsten und sonst nur Deppen am Start hat. Mein Kollege Kurt G. war, seiner Journalistenkarriere zum Trotz, Jahre in Afrika als Entwicklungshelfer. Er spricht tolle Kommentare und nach Feierabend singt er in einem schrägen Chor. Leider ist er bescheiden.

Junge Unions-Abgeordnete haben vorgeschlagen, eine Abgabe für Kinderlose einzuführen. Eine Strafe für Kinderlose, weil Kinder schon Strafe genug sind?

Reingefallen! Laut Meldung heißt der Vorsitzende der "Gruppe junger Unionsabgeordneter" Marko Wanderwitz. Das ist vermutlich deutsch für Kaya Yanar. Falls an der Story trotzdem was dran sein sollte, ermutigt sie zu einer "Ich will endlich auch mal in die Zeitung"-Abgabe, vulgo Helmpflicht für Hinterbänkler. Die FDP hat da das überlegene Konzept: Hier geht mit dem Beitritt zu den Jungen Liberalen das Anrecht auf einen Posten im Bundeskabinett einher. Übrigens müssen "Kinderlose" seit 2005 einen Zuschlag von 0,25 Prozent bei der Pflegeversicherung zahlen. So weit weg, wie manche Politiker nun empört tun, ist der Gedanke also nicht.

In den USA wurden das erste Mal seit 40 Jahren zwei neue Atomkraftwerke zugelassen. Ausgerechnet unter Präsident Obama. Wie passt das?

Zwiespältiges Erbe von Al Gore; die Argumentation, AKWs seien beispielhaft CO2-frei und damit die Wunderwaffe gegen globale Erwärmung setzt dreist auf die Goreschen Warnungen auf. Kurz vor Fukushima waren viele Deutsche mit "grünen AKWs" auch besoffen gequatscht.

Industriemechaniker goes Songcontest: Roman Lob wird Deutschland in Baku vertreten. Wird er mit Lena mithalten können?

Nach einem Lied rückstandslos diffundieren? Wollen wir ihm nicht wünschen.

Auch beim ZDF hat sich was getan. Markus Lanz als Nachfolger von Gottschalk? Mit Nazan Eckes? Im Ernst?

Man sollte Rehhagel, Wulff und Gottschalk in ihren Ämtern rotieren lassen. Lanz ist unterschätzt, im Windschatten des großen ARD-Talk-Lamentos macht er einen soliden, unauffälligen, journalistisch ansehnlichen Job in seiner ZDF-Abendsitzung. Wäre schade, wenn ihn die Überforderung "Wetten, dass..?" aus der Bahn haut.

Und was machen die Borussen?

Die Bayern-Bosse Rummenigge und Hoeness halten es für taktvoll, ein paar Wochen nach dem Selbstmordversuch eines Schiedsrichters ordentlich Druck auf den Pfeifenmann zu machen: Bayern würden immer verpfiffen. Nun, Bayern ist wenigstens in einer Tabelle oben: Kein Ligaclub bekam in dieser Saison so viele Elfer zugesprochen wie die Münchner, und keiner so wenige wie der BVB. Wenn die Batzis in München lospoltern, lohnt es immer, der Anregung nachzugehen. FRAGEN: HOE

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13 Kommentare

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  • R
    Robert

    Über Lena hatte man wenigstens eine Meinung, welche auch immer. Roman Lob wird nach der Veranstaltung sowas von diffundieren, dass das Jahre später nicht einmal mehr jemand weiß.

  • L
    Lars

    Das Lena-Beispiel zeigt nur, dass auch Küppersbusch oft über Dinge Unsinn redet, weil er keinen blassen Schimmer hat. (kurze Recherche: Lena ist aktuell für 2 Echos nominiert und hat vor Kurzem einen wichtigen europ. Musikpreis von MTV gewonnen, sie hatte in 2 Jahren 2 Nr.-1-Alben in Folge, etc. - Das ist fernab des Verschwindens [= rückstandslos Diffundieren], so gern Letzteres von unwiss. Typen in den Redaktionen behauptet wird: Muss ja so sein, ist doch immer so mit den Castingsternchen. Da kann man das einfach behaupten.) Solche Ignoranz ist ein weit verbreitetes Phänomen unter Journalisten. Ob das "journalistisch ansehnlich" ist, bezweifle ich sehr. Der schnelle Witz ist wichtiger als Substanz. Nun ja. Darum ist es mir wichtig, es zu erwähnen: Weil dies hier nur ein offensichtl. Beispiel ist. Es wird auf einigen anderen Gebieten, über die er (und andere "ansehnliche Journalisten") vor sich hin palavern, nicht anders mit seinem/ihren Kenntnisstand sein. Wozu sich informieren, wozu Fakten, wenn es ein bisschen Klugscheißerei reicht, um die Zeilen zu füllen und Lacher zu ernten, gar für klug gehalten zu werden? Verantwortung? Fehlanzeige.

    Was kann man also diesem Roman Lob in diesem Zusammenhang für die Zukunft (also in 1-2 Jahren) wünschen? Weniger solche Kommentare ignoranter Journalisten.

  • M
    Martin

    Küpp...wer? Ach ja, Lena ist übrigens nicht diffundiert, sondern zu Gold- und Platintonträgern, Echos, Kronen, Goldenen Kameras, Goldenen Hennen etc... sublimiert.

  • AB
    Andreas Brokelmann

    Hallo,

     

    leider ist es in unserer Zeit der geistigen Evolution (Ken Wilber) für viele Menschen einfach nicht möglich bestimmte Regungen in der Gesellschaft nachzuvollziehen.

     

    Die gebildetsten unter uns, sogar echte Propellerheads begreifen bestimmte Gefühle nicht, ja, man braucht emotionale, gar spirituelle Intelligenz um Vieles verstehen zu koennen, was Herr Küppersbusch so abfeuert.

     

    was bedeutet "rückstandslos diffundieren" denn?

     

    evtl. einfach mal das Wörterbuch rauskramen und sich in Abstraktion üben, ABER: das macht noch kein Verstehn - was ist denn passiert mit Lena's Liedchen nach dem Kontest? hier finden SIe ANtworten, oder auch nicht...

     

    Danke, m.f.G.

    Andreas

  • A
    alcibiades

    @thomas:

    Lena wer?

  • S
    soundso

    Schon gut Thomas!

    Man kann gar nicht "rückstandslos diffundieren", weil man ist ja diffundiert.

    Aber ich fand den Lena/Herpes-Vergleich immer schön: Der Herpes ist auch nie ganz weg und nervt tierisch.

     

    Das mit der "gestigen Wucht des Amtes" will mir nicht einleuchten. Ich sage: Abschaffen! Auch Gauck hat die höchste Stufe seiner Inkompetenz längst überschritten, und reiht sich jetzt an Kollaborateure, Vollpfosten, Wulff. Armer Mann.

  • HH
    Hein Hannover

    Die Wulffsche Klientel-Politik als "Hannover-Connection" zu bezeichnen, war wieder ein Versuch, Hannover als schlechtes Mittelmaß zu diffamieren.

     

    Aber mit Seehofer ist ja endlich wieder die "Bayern-Connection" am Zuge.

  • W
    wasichnochsagenwollte

    Lena Meyer-Landrut ist 20 Jahre alt. Sie hat in ihrer Disziplin einen guten Job gemacht, wie es Platz 1 in Oslo nahelegt. Sie hat darüberhinaus nach erfolgreichem Schulbesuch einer Gesamtschule ein Studium an der Uni Köln begonnen. Hinsichtlich ihrer musikalischen Entwicklung hat sie sich persönlich für die "kleine Buehne" jenseits des Boulevard entschieden. Das darf man klug nennen. Lieber Herr Kueppersbusch, biografisch ist bei LMR nix verdampft.

  • H
    HLW

    Lena Meyer-Landrut kenne ich natürlich. Aber wer verdammt ist Herr Küppersbusch?

  • M
    Manfred

    Herr Küppersbusch hat Recht du Lena Fan! Ins audiovisuelle Nirvana ist deine Lena diffundiert... so schaut es aus !

  • M
    Mirko

    Lena? Wer ist das?

  • FB
    Fritz Blitz

    Oder mit Lenas eigenen Worten

     

    "Halts Maul ich sing doch hier jetzt nicht"

     

    mfg

     

    Fritz Blitz

  • T
    Thomas

    Ich weiß nicht, in welcher Welt Küppersbusch so lebt, aber ansonsten ist Lena Meyer-Landrut nirgends "nach einem Lied rückstandlos diffundiert".

    Da fällt einem nur der Nuhr-Spruch ein: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten."