Herthas neuer Trainer: Großer Auftritt im Schnee
Seit Tagen redet Berlin nur von einem Mann: Nein, nicht Gauck, sondern Otto Rehhagel. Am Dienstag war er erstmals für alle zu sehen.
Es fällt dieser Tage nicht leicht, die richtige Bezeichnung für Otto Rehhagel zu finden. Ist er schlicht der neue Hertha-Trainer Saisonende? Oder der wichtigste Mann der Stadt, also eine Art Berlin-Gauck? König? Oder gleich Gott?
Keine Frage also, dass jeder Schritt, jedes Wort, jede Regung ganz genau verfolgt wird. Ein aktuelles Beispiel: Am Dienstag um 10.12 Uhr schickte Rehhagel "die Spieler erstmals auf den schneebedeckten Trainingsplatz", hat die Nachrichtenagentur dpa beobachtet, die gleich zwei Redakteure zur Premiere auf dem Trainingsgelände des Noch-Erstligisten entsandt hatte. Nach 40 Minuten, so die Kollegen in aller Detailtreue weiter, habe der 73-Jährige in die von seinen Assistenten geleitete Trainingseinheit erstmals eingegriffen und die Spieler "für Anweisungen zu einem Kreis" versammelt. Rehhagel habe einen Daunenmantel getragen - die Farbe wird sträflicherweise nicht erwähnt - und auf eine "wärmende Mütze" verzichtet. So weit, so Trainer.
Hört man, was die Herthaner über Rehhagels Eröffnungsansprache an das Team berichten, wähnt man sich indes in höheren Sphären. "Wenn ein Otto Rehhagel einen Raum betritt, füllt ER den Raum", berichtete Mittelfeldspieler Peter Niemeyer über die Ouvertüre zu dem halbstündigen Monolog - und meinte wohl kaum des Trainers Leibesfülle. "ER hat eine unglaubliche Ausstrahlung", schwärmte auch Torhüter Thomas Kraft. "Schon emotional" sei das gewesen, gab sich Manager Michael Preetz erst fast bodenständig, fügte dann aber hinzu: "ER hat eine unglaubliche Erfahrung. Das wissen die Spieler auch."
Bleibt zu vermelden, dass ER auch ein Mensch ist: Beim Training habe Rehhagel mal geschmunzelt und von früher erzählt. Zusätzlich garnierte er seine Auftritte mit Trainerfloskeln à la "Es geht ums Kollektiv" und "Jede Trainingseinheit ist wichtig".
Letzteres stimmt immerhin, schließlich steht am Samstag Rehhagels erste Nagelprobe an: Hertha spielt in Augsburg gegen den drohenden Abstieg. Spätestens dann wird auch der neue Hertha-Trainer wieder mit beiden Beinen auf dem Boden stehen müssen. Foto: reuters
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne