Die Wahrheit: Torpediert von Unparteiischen
Rote Löwen auf Mission Kantersieg: Am Freitag steigt der Tankico – der Tankstellenklassiker zwischen Luxemburg und Deutschland im Fußball.
Am Freitagabend ist es endlich so weit – das Eifelderby, der Tankstellenklassiker zwischen Luxemburg und Deutschland, steigt, diesmal in der Hölle von Luxemburg, der Höhle der „roten Löwen“, wie Luxemburgs Nationalteam liebevoll genannt wird: Es ist die Vorentscheidung im Kampf um die Qualifikation für die WM in Nordamerika 2026. Das Hinspiel, wir erinnern uns, haben die Deutschen am Ende auch etwas glücklich mit 4:0 für sich entschieden.
„Wir hatten sie sträflich unterschätzt“, erklärte Luxemburgs Nationaltrainer Jeff Strasser auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz, die aus Gründen der Geheimhaltung in der Tiefgarage von Radio Luxemburg stattfand. „Das wird uns nicht noch mal passieren.“ Nach dem 0:4 in Sinsheim geht es beim Rückspiel im eigenen Land um Wiedergutmachung. Die Niederlage gegen die „Mannschaft“ war eine kalte Dusche für ganz Fußball-Luxemburg.
Seit immerhin 2006 hatte Deutschland nicht mehr gegen Luxemburg gewonnen. Aus Luxemburger Wahrnehmung war man demzufolge als haushoher Favorit in die Partie gegangen. Die Entwicklung der Weltrangliste schien das zu bestätigen: Luxemburg hatte sich in den letzten 20 Jahren um gut 100 Ränge verbessert, die Deutschen dagegen stürzten im gleichen Zeitraum um drei Plätze ab. Die Frage ist nur, warum diese Milchmädchenrechnung in Sinsheim nicht aufging.
In Luxemburgs größter Fußballgazette Keine Freunde wurde die krachende Niederlage mit mangelhafter Vorbereitung begründet. Nachdem er den desolaten Auftritt der Deutschen gegen die Slowakei gesehen hatte, verzichtete Strasser nämlich auf eine Analyse der Partie der Deutschen gegen Nordirland und gab seinen Spielern stattdessen frei.
„Im Nachhinein betrachtet war das ein Fehler“, räumt er jetzt ein. „Wenn sie einen guten Tag erwischen, können die Deutschen auch Teams wie uns schlagen. Es gibt keine Kleinen mehr, wie man so sagt, aber eben auch keine Großen.“
SV Waldhof, forever number 1
„Als Fußballnation hatte ich Deutschland bislang eigentlich nicht auf dem Schirm. Hätten wir vorher um ihre Stärken gewusst, dann hätten wir unser System darauf eingestellt“, meint Kapitän Laurent Jans, dem zwei Jahre bei Waldhof Mannheim offenbar ein recht grobkörniges Bild des deutschen Fußballs vermittelten.
„Mit ihrer Aufstellung hatte ich mich kaum beschäftigt“, gesteht auch Strasser, „viele dieser fremdartigen Namen wie Woltemade, Schlotterbeck, ter Stegen, Rüdiger sind für moselfränkische Zungen schwer auszusprechen. Damit wollte ich die Spieler nicht unnötig belasten.“
Der dritte Mann auf dem Podium – falls man die offene Ladefläche eines Pick-ups mit RTL-Logo so nennen kann – ist Stammtorwart Anthony Moris. Der sympathische Mittdreißiger ist vor Kurzem von Union St.-Gilloise, die immerhin dieses Jahr in der Champions League spielen, nach Saudi-Arabien gewechselt, „der Liebe wegen“.
Nicht anwesend ist Mittelfeldspieler Leandro Barreiro, der sechs Saisons in Mainz absolvierte, ohne einziges Mal Deutscher Meister zu werden. Deshalb wechselte er letztes Jahr in eine Liga, wo es keinen FC Bayern gibt, und hat mit Benfica Lissabon bereits den portugiesischen Ligapokal eingetütet.
Ohne Uns Uwe habt ihr keine Chance
Das ambitionierte Luxemburger Fußballpublikum erwartet nichts anderes als einen Kantersieg der „roten Löwen“, so Moris. „Ein Torfestival muss her, wenn wir die Qualifikation noch schaffen wollen.“
Rein rechnerisch sind die Großherzogtümler zwar schon ausgeschieden, aber damit finden sich die luxemburgischen Hurra-Optimisten nicht ab. „Abwarten“, meint Strasser denn auch träumerisch. „Vielleicht bricht ja irgendwo ein Angriffskrieg aus, und einer unserer Gegner wird disqualifiziert.“ Zwar lagert sehr viel Geld in dem Katar Westeuropas, aber als „zusammengekauft“ möchte Strasser seine Truppe nicht darstellen lassen. „Wir geben all unser Geld für genealogische Studien aus und haben weltweit jeden Fußballprofi mit luxemburgischen Vorfahren auf dem Radar, bis tief ins Mittelalter hinein.“
Zumindest wurde sich diesmal etwas genauer mit dem Gegner befasst: „Es wird darum gehen, David Raum engzumachen.“ Da ist man sich in Luxemburg einig.
Leider wird Luxemburgs Marsch an die Weltspitze immer wieder von den Unparteiischen torpediert. Mit 2 Roten und 13 Gelben Karten hat man in dieser Qualifikation sogar mehr Karten kassiert als Gegentore (10). „Egal. Wenn du für Luxemburg spielst, spielst du immer auch gegen die Schiedsrichter. Das liegt an unserem Favoritenstatus. Auf lange Sicht verzerrt das jedoch den Wettbewerb.“
Aber der Coach gibt sich kämpferisch: „Wir werden weiterhin versuchen, uns mit rein fußballerischen Mitteln für ein Turnier zu qualifizieren, und nicht einen auf Underdog machen, bloß um die Schiedsrichter auf unsere Seite zu ziehen.“
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