Die Wahrheit: Bäriger Problemfinne
Überraschung: Im finnischen Südwesten gibt es entgegen anderslautender Zählungen wohl viele Bären. Ein Reisebericht über Gastfreundschaft und mehr.
O b Finnen und Finninnen generell gastfreundlich seien oder ob es sich bei den Vermietern des „Mökki“, das seine Frau und er bezogen hatten, um einen speziellen Fall handle, wisse er nicht, sagte Kiengold, als wir uns jüngst zum Bier trafen und er vom zurückliegenden Urlaub berichtete.
Jedenfalls hätte dieses Vermieterpaar ihn und seine Liebste nach Hause eingeladen, dort ausgiebig saunieren lassen und dann mit einem üppigen Abendessen bewirtet. Dabei habe man in englischer Sprache bis spät in die Nacht nett geplaudert. Er, Kiengold, habe das Momentum genutzt, sein Wissen über Land und Leute zu mehren, und sich nach dem Vorkommen von Bären in der Gegend erkundigt.
Ob es hier, im finnischen Südwesten, überhaupt welche gebe, habe er gefragt, worauf der Vermieter ihn erstaunt angeschaut und geantwortet habe: klar, natürlich habe man die hier. So klar sei das nicht, habe Kiengold erwidert, er sei davon ausgegangen, dass es die eher im Osten, Richtung russische Grenze, gebe. Da auch, sagte der Vermieter, schaute Kiengold zusehends irritiert an und meinte, an Bären mangele es doch auch in Deutschland nicht. Da sitze er aber einem Irrtum auf, wies Kiengold den Vermieter zurecht. Allenfalls in Bayern komme mal ein vereinzeltes Exemplar vor. Bayern, das habe er auch schon gehört, so darauf der Vermieter, Bayern gelte ja sogar als Bär-Heimat schlechthin.
Kiengold habe die Unkenntnis des Vermieters Deutschland betreffend ignoriert und stattdessen gefragt, ob der Vermieter persönliche Erfahrungen mit Bären gemacht habe, woraufhin er einen nun geradezu alarmierten Blick des Vermieters auf sich gezogen habe. Wie denn nicht, habe er schließlich knapp geantwortet.
Viele Bären, viel Gefahr
Ob das nicht gefährlich sei, habe Kiengold sich weiter erkundigt und bleiernes Schweigen geerntet, bis der Vermieter schließlich ausweichend erwidert habe, das komme ja wohl immer auf die Menge an. Richtig, die Menge mache es, habe Kiengold bestätigt, eine große Anzahl Bären bedeute zweifellos das sichere Ende, mit einem einzelnen Exemplar dagegen könne man es wohl mal aufnehmen.
Als der Vermieter dann noch ergänzte, so verhalte es sich ja generell mit Drogen, sei es an ihm, Kiengold, gewesen, verwirrt aus der Wäsche zu gucken. Allerdings habe der Verweis auf Drogen den entscheidenden Impuls dafür gegeben, dass sich der gordische Knoten des merkwürdigen Dialogs habe durchschauen und durchhauen lassen, denn es habe sich herausgestellt, dass Kiengold in seinem defekten Englisch die ganze Zeit nicht von „bears“, also Bären, sondern von „beers“, also Bieren, geredet hatte. Es sei dann noch ein bierseliger Abend geworden, schloss Kiengold seinen ausführlichen finnischen Bericht.
Kurz erwog ich, ihn zu fragen, ob er mir mit seiner Schnurre nicht einen Bären habe aufbinden wollen, orderte aber dann einfach noch mal zwei Pils.
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