Die Wahrheit: Samba si, Arbeit no
Das Doppelleben der Kolumnistin: Öffentlich eine normale Autorin, heimlich hingegen eine hüftschwingende Sängerin südamerikanischer Weisen.
M an kommt vielleicht nicht sofort drauf, aber die Samba liegt mir im Blut. Aufgrund der Wechseljahre bin ich ständig „heiß wie ein Vulkan“, Federn stehen mir gut und in (eigentlich an) den Hüften hab ich’s ebenfalls.
Andere denken bei dem Begriff an einen Schokoaufstrich, ich dagegen fange mit Son Clave an, setze mir einen Carmen-Miranda-Obst-Hut auf und singe den ersten Samba des Tages: „Samba si, Arbeit no“ von Roberto Blanco: „Samba si, Arbeit no / Füllt noch einmal den Wein in den Krug / Samba si, Arbeit no / Denn der Morgen, der kommt früh genug / Huh!“ So sind wir arbeitsscheuen Südamerikaner.
Ich tanze ein bisschen durch die Wohnung und bin dabei vielleicht nicht ganz so „tall and tan and young and lovely“ wie das Girl from Ipanema, aber immerhin „hunched and pale and old and drowsy“.
Meinen Brazilian Cut Bikini trage ich dennoch mit Würde. Allerdings habe ich keine echte Apito, das ist die Samba-Pfeife, die bei unseren Umzügen permanent zu hören ist, aber die alte Fußball-Trillerpfeife tut’s auch, sie ist sogar, wenn ich meine Nachbarn richtig verstanden habe, ein klein wenig durchdringender. Genau wie der Sound der Maracas, die ich nicht wirklich 100 Prozent zu spielen beherrsche, weil der Samba-Rhythmus sich doch stark vom deutschen Marschklatschen unterscheidet. Aber ich gebe mein Bestes und pfeife dafür umso lauter.
Auf meiner Playlist steht hernach „Fiesta Mexicana“ an, das ist zwar genau genommen kein echter Samba, sondern erzählt von einem Abschied aus Mexico, bei dem heftig Sombreros geschwenkt werden, aber egal. Kommt schließlich alles von irgendwo da unten – Twist, Mambo, Sambal Ölek.
Meine Lieblings-Samba stammt von Caterina Valente: Der „Popocatepetl Twist“ über den faulen Pepito, der vor lauter Mädchenküssen seinen Muli vor dem Tor vergisst. So sind wir nämlich auch, wir kussfreudigen Südamerikaner.
Wichtig ist ohnehin nur, dass man anständig druckbetankt: Wein in „Samba si“ oder Tequila in „Fiesta Mexicana“. Aus Bibi Johns „Papa tanzt Mambo“, in dem es heißt: „Er trinkt Bier, Sie trinkt Wein / Man vergisst seine Sorgen / Tanzt bis in den Morgen hinein“ weiß ich, dass sogar ein kühles Pils für Sambistas wie mich okay ist. Mit der Kokosmilch, die vom Kokosnusskleid aus „Zwei Apfelsinen im Haar“ übriggeblieben ist, mixe ich mir als flüssigen Nachtisch ein paar Batida de Coco und Piña Colada.
Wir sind halt immer durstig, wir Südamerikaner. Und dann werden wir lüstern! Nehmen wir nur diesen Charlie Brown, aus „Amigo Charlie Brown“, uiuiui: „Wo es Mädchen gibt, blond oder schwarz / Da ist er zu Haus, ja, er lässt keine aus / Zwischen Mexiko und Paraguay, glaubt jedes schöne Mädchen / Er ist ihr nur treu / Ohh Charlie!“ Ein echter Samba-Schwerenöter.
Aber so sind wir eben, wir rolligen Südamerikaner. Und dafür können wir nichts. Schuld ist schließlich nur der Bossa Nova.
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