Die Wahrheit: Grab them bei the Eiers
Nie wieder über ICEs schreiben zu wollen, heißt als gebeutelte „Chefin vom hinteren Ende“ zur Abwechslung mal drastisch aus New York zu berichten …
D ie letzte Woche hat mich mitgenommen und dem Politikfass den Boden ins Gesicht geschlagen oder so ähnlich. Senf oder Selters, man kam ja kaum noch dazu, alle Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen und hinterher genug zu trinken.
Nett ist allein, dass Volker Wissing Christian Lindner blöd zu finden scheint. Allerdings weiß ich nicht, ob Wissings Leistungen als Verkehrsminister deshalb weniger nicht vorhanden, also plötzlich doch da sind. Kann nur ich sie nicht sehen?
Weil ich mir geschworen habe, nie wieder über ICEs zu schreiben, darf ich hier leider nicht den Beweis für das Totalversagen aller Verkehrsminister der letzten 2.000 Jahre ausbreiten. Aber der irre Versuch, an einem Tag von Kiel nach Berlin und danach weiter nach Niedersachsen zu reisen, hat mir die Nichtigkeit meiner wurmähnlichen Existenz angesichts moralisch hochstehender Verkehrsminister mal wieder vor Augen geführt. Das Land ist groß, und ich bin klein.
Mitgebuchtes Buddhisten-Training
Mein bei der Bahn kostenlos mitgebuchtes jahrelanges Buddhisten-Training ließ mich zwar während der folgenden Torturen ruhig bleiben und zehn Zentimeter über dem Sitz schweben, aber leider nicht bis zum Zielort. Oder, wie der Schaffner durchsagte: „Ich bin der Zugchef vom hinteren Ende.“
Da schreibe ich doch lieber über die New Yorker Metro: Man kommt dort, o Wunder, durch Auflegen des Handys durch die Sperren. Und dann kommt ein Zug! Ist Volker Wissing nicht auch Minister für Digitalisierung? Außerdem gibt es auf der Fahrt ein exklusives Unterhaltungsprogramm, wahlweise Rap oder Rap.
Menschen turnen dazu halsbrecherisch zwischen den Waggons herum, obwohl das verboten ist. Man kann die angesagte Mode studieren – Yogahosen und alles von Adidas; ich hatte leider beides zu Hause gelassen, um mich nicht als deutsche Dorftrottelin zu outen.
Das habe ich dann allerdings auch so geschafft, sei es mit quietschender Freude über meinen ersten geeisten Cappuccino oder mit der ständigen Frage „Was hat er gesagt?“, wenn ich wieder etwas nicht verstanden hatte. „Er hat dir einen schönen Tag gewünscht, Mama“, übersetzte meine Reisebegleitung, die nicht identifiziert werden möchte, mit eiserner Selbstbeherrschung. Mehrfach. Mit einem Wort, New York ist auch für Anfänger grandios, sofern man es überlebt.
Vor dem Bullen im Börsenviertel standen Touristen für ein Foto mit klassischem Hodengriff Schlange, aber nur die, die sich nicht gerade im MoMA für ein Selfie um van Goghs „Sternennacht“ drängelten. Wahrscheinlich hätten sie auch den Maler bei den Eiern gepackt, wenn er sich nur hätte blicken lassen.
Wer schon einmal van Goghs Kammer in der Nervenheilanstalt Saint-Paul de Mausole in der Provence besucht hat, in der das Bild entstand, möchte all den hirntoten Knipsern ihre Smartphones da hineinrammen, wo die Sterne nicht scheinen. Mit herzlichen Grüßen der Chefin vom hinteren Ende.
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