Die Wahrheit: Nichts ist vergleichbar mit ihr
Im Juli 2023 starb die Popmusikerin Sinéad O’Connor. Dublin hadert jetzt mit einer verhunzten Wachsfigur der Bardin. Unvergleichliches Irland …
N othing Compares 2 U“ war Sinéad O’Connors großer Hit. Nichts ist vergleichbar mit dir – schon gar nicht die Wachsfigur der Sängerin, die im Dubliner Wachsmuseum an ihrem ersten Todestag Ende Juli enthüllt wurde. Sie sieht aus wie der russische Schauspieler Yul Brynner in dem Science-Fiction-Western „Westworld“ aus dem Jahr 1973. Brynner spielt darin einen Androiden, der durch eine Fehlfunktion ein Blutbad im Vergnügungspark anrichtet.
Sinéad O’Connors Bruder, der Schriftsteller Joseph O’Connor, fühlt sich dagegen an einen anderen Science-Fiction-Film erinnert: Die Wachsfigur seiner Schwester sehe aus wie „eine Mischung aus einer ausrangierten Schaufensterpuppe aus einem ostdeutschen Kaufhaus und etwas aus den ‚Thunderbirds‘“, sagte er. Diese Serie spielt im Jahr 2065: Von einem Satelliten aus wird die Erde beobachtet, und sobald irgendwelche Gefahren drohen, wird der Rettungsdienst alarmiert, und die Thunderbirds schwärmen aus, um aufregende Abenteuer zu erleben.
Sinéad O’Connor befindet sich in einer Art Gruselkabinett in direkter Nachbarschaft von U2 und Darth Vader. Wachsfiguren sind immer etwas unheimlich. Das liegt daran, dass man im Mittelalter die Leichen toter Könige vor den Untertanen zur Schau gestellt hat. Da diese Praxis bei warmen Temperaturen ziemlich unangenehm war, fertigte man stattdessen ein Abbild aus Wachs an.
Im 18. Jahrhundert waren Wachsfigurenkabinette recht beliebt, und irgendwie haben sie sich als Nischenattraktion für Touristen gehalten. Aber „der Geruch des Todes“ hänge immer noch über ihnen, schreibt der Reisebuchautor Joscha Remus.
Vollkommen misslungen
Der Dubliner Museumsbesitzer Paddy Dunning behauptet, dass die Wachsfigur O’Connors Auftritt im Video zu „Nothing Compares 2 U“ nachempfunden sei. Das wäre jedoch misslungen, meinte er, wusch seine Hände aber in Unschuld: „Ich schaue mir Statuen immer vor der Enthüllung an. Diesmal war ich nicht in Dublin“, sagte er. „Ich sah die Statue Minuten vor der Enthüllung, und sie gefiel mir nicht. Wir wissen nicht, was wir mit der Statue machen sollen.“ Vielleicht einen Docht in der Sängerin Glatze stecken?
Jedenfalls ist die Wachsfigur kurz nach ihrer Enthüllung wieder entfernt worden. „Wir haben uns die Reaktionen genau angehört und sind uns einig, dass die Figur Sinéads einzigartige Essenz nicht so wiedergibt, wie wir es beabsichtigt hatten“, sagte Dunning. „Wir freuen uns darauf, demnächst eine neue Figur zu enthüllen, die Sinéad O’Connor wirklich ehrt.“
Vermutlich erhält jemand anderes den Auftrag als der Wachskünstler PJ Heraghty, der für das Fiasko verantwortlich ist. „Man muss die Form und die Proportionen richtig hinbekommen“, sagte er entschuldigend. „Das ist nicht einfach, vor allem bei Frauen, denn sie sind viel subtiler in ihren Formen.“ Deshalb hat er offenbar lieber Yul Brynner als Vorbild genommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts