piwik no script img

Die WahrheitDer Pannengott packt ein

Rishi Sunak hat seine letzte Woche als Großbritanniens Regierungschef vor sich. Seine Bilanz liest sich desaströser als die seiner Vorgänger*innen.

S eine Tage sind gezählt, so viel steht fest. Am kommenden Donnerstag wird Rishi Sunak zwar nicht die Löffel, aber zumindest die Schlüssel für die Downing Street Nummer 10 abgeben. Labour-Chef Keir ­Starmer wird stattdessen in den Amtssitz des britischen Pre­miers einziehen.

Starmer ist ein furchtbarer Langweiler. Als er Parteichef werden wollte, gab er sich noch halb links. Inzwischen ist er nur noch ein besserer Tory. Rishi ­Sunak ist wenigstens unterhaltsam. So viele Pannen hat kein Premier vor ihm in so kurzer Zeit geschafft, nicht mal ­Boris Johnson. Es begann mit seiner Entscheidung am 22. Mai, die vorgezogenen Neuwahlen vor der Downing Street 10 im strömenden Regen anzukündigen. Ein Mann im Kampf gegen die Elemente, so die erhoffte Botschaft. In Wirklichkeit sah er aus wie ein begossener Pudel.

Sunak glaubt offenbar nicht an die englischen Fußballer, sonst hätte er die Wahlen auf einen späteren Zeitpunkt als den 4. Juli gelegt und gehofft, dass die Tories von einem positivem Abschneiden Englands bei der Europameisterschaft profitieren könnten. Am Donnerstag ist gerade mal das Achtelfinale vorbei.

Zur Liste seiner Fettnäpfchen gehört seine Reise nach Wales, auf der er die örtlichen Arbeiter fragte, ob sie sich auf die Fußball-Europameisterschaft freuten. Wales war in der Qualifikation gescheitert. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Derbyshire besuchte Sunak ein Lagerhaus mit Leuten, die sich als Arbeiter ausgaben. Dann kam heraus, dass es Tory-Ratsmitglieder waren, die ihm gefällige Fragen stellten. Und schließlich posierte er in Belfast vor der Titanic-Ausstellung, was unweigerlich Assoziationen eines Kapitäns auf einem sinkenden Schiff weckte.

UK ohne D-Day

Der Gipfel war das Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Dabei hätte er wissen müssen, dass den Engländern der Sieg überaus wichtig ist, haben sie sonst doch wenig zu feiern, was auch am Brexit-Enthusiasten Sunak liegt. Er hat aber den Jahrestag der Landung alliierter Truppen in der Normandie vorzeitig verlassen, um zu Hause schnell wieder in den Wahlkampf einzusteigen. Dabei war ihm entgangen, dass ein Foto am D-Day mit den Regierungschefs Frankreichs, der USA und Deutschlands beim Gedenken an die Befreiung Europas vom Faschismus im Wahlkampf Gold wert gewesen wäre. Der Guardian schrieb: „Wir werden sie an den Stränden bekämpfen, sagte Churchill. Wir werden sie an den Stränden zurücklassen, sagte Sunak.“

Aber offenbar steckt ein Plan dahinter, möglicherweise hat er die Nase voll vom feuchten England. Er hat heimlich ein Jobangebot aus Kalifornien angenommen, und seine Töchter Krishna und Anoushka, elf und zwölf Jahre alt, müssen im September im Thacher-Internat in Ojai antreten, wo Sunak sie wegen seiner Leseschwäche versehentlich angemeldet hat: Er hatte „­Thatcher-Internat“ gelesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Starmer sieht nicht nur so aus, wie ein pummeligerer Christian Wulf, er hat den sicheren Labour.-Wahlsieg gegen die desolaten Tories selbst entwertet durch Kuschen vor dem Kapital. Vielleicht sogar bewusst.



    Das sollte er schleunigst korrigieren.



    PS: Danke für den nötigen Sarkasmus, Ralf Sotscheck.