Die Wahrheit: Polizei ohne Eis
Neues aus Neuseeland: Aotearoas Behörden werden kaputt gespart. Allein die lückenlose Überwachung von Anglern kann noch gewährleistet werden.
K ein Tag in Neuseeland wird mit so viel Spekulation und Schrecken erwartet wie die Verkündung des Haushaltsbudgets. Die neue konservative Regierung übertraf Ende Mai alle Erwartungen. Ihr Rotstift ist ein Flammenwerfer, dem zum Opfer fällt, was Linken lieb und heilig ist: Kulturförderung, progressive Sexualkunde, indigene Projekte und sozialistisch anmutende Bürokratie.
Selbst der „Christchurch Call“, den Jacinda Ardern nach dem Moscheeattentat ins Leben rief, bleibt von den Radikalmaßnahmen nicht verschont. Die Initiative der ehemaligen Premierministerin wurde 2019 in Paris besiegelt, um extremistische Gewalt im Netz zu unterbinden. 14 Internet-Firmen wie Meta, Google, Microsoft und YouTube schlossen sich an.
Zwei Millionen Staatsdollar wurden zuletzt in den Christchurch Call gepumpt, doch fortan muss er sich als gemeinnützige Stiftung selbst tragen. Auch das Schicksal der Angestellten ist noch ungewiss. Als Arbeitslose sind sie in Wellington in bester Gesellschaft: Knapp 4.000 Stellen im öffentlichen Dienst werden gestrichen. Die Hauptstadt geht stempeln.
1,5 Milliarden Dollar will die kündigungsfreudige Finanzministerin Nicola Willis damit sparen. Das soll dem maroden Gesundheitssystem und der Polizei zugute kommen, verkündete sie. Von wegen. Polizisten in Canterbury schlugen letzte Woche empört Alarm, weil ihre Wasserkühler in den Stationen verschwinden sollen, die 11.000 Dollar im Jahr schlucken. Trinkwasser gibt’s nur noch aus dem Hahn.
Ein „Gesundheits- und Sicherheitsrisiko“ sei die brutale Abschaffung der Tränken, klagt der Polizeiverband. Kiwi-Bullen tragen auch bei 30 Grad Hitze wollene Uniformen und 15 Kilo schwere Westen. Justizbeamte dagegen dürfen sich weiterhin an ihren Slushy-Eismaschinen im Büro erfreuen. Der süße Sirup dafür verschlingt allein 300.000 Dollar. Keinerlei Fairness im System für Recht und Ordnung!
Angesichts des Chaos in den Amtsstuben ist es beruhigend, dass zumindest eine Behörde auf Zack ist: Bei „Fish & Game“, zuständig für Angel- und Jagdscheine, scheint man nicht ausgelastet zu sein. Der Übereifer eines Ordnungshüters gipfelte im tragischen Fall der Familie Murphy aus Rolleston.
Mutter Nikola machte mit ihren sechs- und neunjährigen Töchtern einen Bootsausflug auf einem kleinen See. Die Mädchen hatten von den Großeltern Angeln geschenkt bekommen, die sie zum ersten Mal ausprobierten. Beide haben eine Angelerlaubnis von Fish & Game, die Mutter nicht. Als sie den Kindern half, die Leine auszuwerfen, war sofort ein Ranger zur Stelle, der sie mit dem Feldstecher am Ufer überwacht hatte.
Nikola Murphy muss 600 Dollar für den Verstoß zahlen – oder die Strafe vor Gericht anfechten. „Meine Kinder fürchten, dass ich ins Gefängnis komme“, sagt sie. „Angeln wollen sie nicht mehr.“ Hoffentlich gibt es für sie ein Slushy von den Justizbeamten.
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