Die Wahrheit: „Bin ich Jesus?“
Die Wahrheit beim Schnabeltassenmann: Wie Deutschlands Rätselpapst das Frage- und Antwortspiel beherrscht. Ein labyrinthisches Interview vom Feinsten.
Im Fernsehen wird eigentlich immer geraten, meist sind sogar mehrere Quizshows gleichzeitig zu sehen. Wo aber kommen die vielen Fragen eigentlich her? Die Wahrheit hat das Zuhause des deutschen Rätselpapstes enträtselt – selbstverständlich in einem Labyrinth aus falsch beschilderten Irrwegen.
taz: Wie dürfen wir Sie nennen, Eminenz? Ist Herr Rätselpapst okay? Sie wollen sicherlich geheim bleiben …
Nennen Sie mich am besten Kurti Krypto. „Papst“ klingt so besserwisserisch. Dabei weiß ich nichts nur besser, sondern am besten …
Gut, Herr Krypto! Sie versorgen also sämtliche Rateshows im Fernsehen mit den Fragen?
So ist es. Schauen Sie mal da drüben hin. Da liegt der Vorrat in Papierform auf der Halde und harrt der Antworten.
Sie arbeiten also noch mit Papier und Bleistift?
Na ja, genau genommen mehr mit Grips und Chuzpe. Denn manchmal wurden manche Fragen schon mal beantwortet, aber dann vergessen. Die recycle ich dann eben.
Ein Beispiel?
Neulich bei „Wer ahnt denn sowas?“ fragte der Moderator: „Wer ist als nächstes dran?“ Eine echt dumme Frage, wurde schon im alten Rom – natürlich auf Latein – gestellt, als man im Senat über das nächste Eroberungsziel debattierte. Der nervende Cato hat übrigens immer stur falsch geantwortet und „Karthago“ gerufen. Dabei war das schon erobert. Dumm gelaufen, zero points …
Aber die meisten Fragen aus Ihrer Feder sind doch sehr zeitgenössisch, manchmal sogar tagesaktuell.
Ja, das hat aber streng genommen mit meiner Vergesslichkeit zu tun. So ehrlich will ich mal sein. Wenn ich morgens nach dem Aufstehen meine Schnabeltasse mal wieder nicht finde, mache ich aus der Not eine Tugend und formuliere als Quizfrage „Wer hat die Schnabeltasse erfunden?“ A: „Der Pianist Arthur Schnabel“; B: Das Schnabeltier oder C: „Der unbekannte Töpfer, dem einmal seine Töpferscheibe ins Schleudern kam?“
Und? Was ist die richtige Antwort?
Das weiß ich doch nicht! Bin ich Jesus? Ich stelle doch nur Fragen!
Aber in den Quizshows gibt es dann immer eine richtige Antwort, damit überhaupt wer gewinnen kann.
Soll ich denn alles alleine machen? Da müssen dann halt die Redaktionen ran, die sowieso bei allem meinen, es besser zu wissen …
Aber Sie haben doch vorher noch behauptet, alles am besten zu wissen …
Ja klar, ich weiß die Fragen – von Antworten habe ich nichts gesagt! Und die Quiz-Fuzzys wollen halt in erster Linie bescheuerte Fragen haben.
Das klingt aber jetzt leicht degoutant Ihrer Profession gegenüber. Langweilt Sie Ihr Job etwa?
Sie werden verstehen, dass mein Kopf ganz schön voll ist von dem Zeug. Warum finde ich denn meine Schnabeltasse morgens regelmäßig nicht? Ich hab mich deswegen auch schon bei der Berufsgenossenschaft erkundigt, ob das nicht als Berufskrankheit gelten könnte …
Und? Was hat die gesagt?
Solange ich noch was zu trinken finde und nicht verdurste – nein …
Wie lange können Sie noch so weiter machen?
Zum Glück hatte ich gerade vorgestern eine ganz neue, tolle Idee – ZIUQ!
Was ist das?
ZIUQ ist Quiz rückwärts: erst die Antworten, dann die Fragen. Das erspart mir unnötig Arbeit und Nachdenken.
Wie soll das laufen?
Ganz einfach, beispielsweise schicke ich als Antwort einfach „Ägypten“ ein. Und die Fragen könnten dann so Sachen sein wie „Land am Ufer des Amazonas“, „Lamahochburg“ oder „Rembrandts zweite Heimat“.
Aber da stimmt doch keine von! Das weiß ja sogar ich …
Na und? Die Antwort stimmt automatisch immer. Wie gesagt, da sollen die Knallchargen um Kai Apfel ran. Der hat doch was in der Birne, so wie der fragt.
Und davon glauben Sie, auch in Zukunft leben zu können?
Ja, weil ich nämlich die Unendlichkeit entdeckt habe. Ganz beiläufig. Wenn ich zum Beispiel 42 als Antwort vorgebe, kann diese die Summe aller möglichen Zahlen sein. Eine Zahl für alles und Rente bis zum Abwinken. Genial, oder?
Aber das ist doch die Antwort von dem Computer auf die Frage nach praktisch allem …
Woher wissen Sie das denn?
Da gibt’s einen Film zu – und ein Buch. Das wussten Sie nicht?
Was weiß denn ich? Raus jetzt!
Danke, Herr Krypto für das Gespräch! Aua …!
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