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Bis die Realität der Realität im Kasten ist, kann es dauern. Und nach einem Deep Dive in das Postidentverfahren der Deutschen Post AG noch länger …

D ie Grenzen zwischen Realität und Realität verschwinden geschwinder, als ich von eins nach drei zähle. Neulich erst wieder. Meine Hausbank, eine Bezeichnung, die mich früh schon vor Lachen hinter dem Kachelofen hervorlockte, denn da schon dachte ich, warum Hausbank, eine Bank sitzt halt in einem Haus, zumindest früher, also meine Hausbank ist nicht mehr meine Hausbank, weil sie ihre Kundschaft behandelt wie einen Haufen Dünnpfiff.

Die Bank heißt Commerzbank, und ich bin jetzt bei einer Bank, auf deren Geldkarte ein Foto prangt, auf dem Menschen sich um einen Heuballen drapieren. Mal sehen, ob ich überall auf der Welt mit diesem Motiv als Zahlungsmittel durchkomme. Irgendwo lacht sich sicher jemand scheckig ob jener „Hoch auf dem gelben Wagen“-Optik und befindet mich in der Folge als nicht zahlungskräftig.

Doch vielleicht passiert das auch nicht, weil der einstige Bundespräsident Walter Scheel, der 1973 das Lied für wohltätige Zwecke einspielte, ja nun schon sieben Jahre tot ist. Wenn das kein Grund ist! Scheel war damals noch Außenminister und hielt sich 15 Wochen in den deutschen Singlecharts.

Es waren andere Zeiten als heute, auch eine Binse, denn heute ist heute und 1973 ist 50 Jahre her. Damals verschwanden die Grenzen zwischen Realität und Realität allerdings eben so fix wie jetzt, siehe der singende Scheel. Vielleicht verschwammen sie auch einfach nur, und vielleicht gibt es heutzutage, da Baerbock und Steinmeier wenigstens nicht öffentlich singen, doch noch Grenzen zwischen Realität und Realität. Nach meinem Deep Dive in das Postidentverfahren der Deutschen Post AG bezweifle ich das allerdings.

Höchst ominöser Videochat

Alles begann, als ich mein neues Konto bei der Heuballenbank eröffnete. Ich saß in der sommerlich erhitzten Bude und wartete darauf, in einem ominösen „Videochat“ auf meinem Handtelefon beweisen zu dürfen, dass ich die Person bin, die die Heuballenkarte und das Heuballenkonto verdient.

Plötzlich erschien eine junge Frau mit einem toll rotgeschminkten Mund, ich wollte schon ein Kompliment machen, da bedankte sie sich bei mir, „dass wir jetzt gut zusammenarbeiten. Mein Name ist Madita Hanselmann.“ Den sicherlich erfundenen Namen fand ich ganz toll, was die Zusammenarbeit anging, bekam ich sofort Muffensausen. Welche Art von „Zusammenarbeit“ wurde bloß von mir erwartet? Es sollte noch schlimmer kommen. Ich versagte volle Kanne.

„Frau Wolff, bitte kippen Sie ihren Personalausweis so nach vorne, dass ich ihn gut fotografieren kann.“ Ungelenk fingerte ich vor der Kamera herum. Bis „Vorder- und Rückseite und bitte alles schattenfrei“ vollbracht waren, vergingen gefühlt Stunden. Nach „nur sechs Minuten, Frau Wolff, prima!“, knipste Madita Hanselmann noch mein Konterfei. Die Realität der Realität war im Kasten, ich identifiziert. „Frau Wolff, ich bedanke mich für die Zusammenarbeit!“ Von gut war keine Rede mehr.

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Harriet Wolff
Wahrheit-Redakteurin
Seit 2013 bei der taz-Wahrheit, zeitweise auch Themenchefin in der Regie und Redaktionsrätin. Außerdem Autorin mit Schwerpunkt Frankreich-Themen
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