Die Wahrheit: Scharfes Schwert für heilige Kuh

Endlich greifen die Justizbehörden gegen die Bildung einer kriminellen Vereinigung durch: Razzia und Festnahmen bei deutschen Autofahrern.

Autos im Stau

Lieblingstreffpunkt der Kriminellen: deutsche Autobahn Foto: dpa

Nach dem Schlag gegen die Klima-Aktivisten der Letzten Generation vergangene Woche nun die nächste Großrazzia in Deutschland: In einer konzertierten Aktion der Staatsanwaltschaften aller Bundesländer unter der Schirmherrschaft des Generalbundesanwalts in Karlsruhe wurden am gestrigen Dienstag millionenfach Privatwohnungen, Arbeitsstätten, Garagen und sonstige Aufenthaltsorte von deutschen Autofahrern durchsucht. Neben der Beschlagnahmung von Festplatten und Handys soll es auch zu massenhaften Festnahmen gekommen sein. Der Grund für diese großangelegte Polizeiaktion soll derselbe sein wie bei den Klimaklebern: Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung!

Bevor Staatsanwaltschaften zum juristisch scharfen Schwert des Paragrafen 129 Strafgesetzbuch greifen, müssen eigentlich bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Zweck und Tätigkeit einer kriminellen Organisation sollten auf die „Begehung von Straftaten gerichtet sein, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind“. Doch die im Zuge jahrelanger Ermittlungen, Abhörungen und Observationen von deutschen Autofahrern zutage geförderten Taten reichen schon jetzt im Übermaß aus, sie für mindestens hundertmal Lebenslänglich hinter Gitter zu bringen: Zehntausende Tote und Verletzte durch Verkehrsunfälle; vorsätzliche Morde durch illegale Autorennen; durch Tonnen ausgestoßenen Feinstaubs atemwegserkrankte Lungenopfer; mutwillig überfahrenes Kleingetier wie Igel oder Kröten sowie durch massenhaften CO2-Ausstoß Verfassungsbruch mit den grundgesetzlich verankerten Klimazielen – von den massenhaften Hörschädigungen durch lautes Hupen, aufheulende Motorengeräusche oder quietschendes Bremsen hier ganz zu schweigen.

Die Bedingungen zur Bildung einer kriminelle Vereinigung sind auch anderweitig gegeben: Nach Paragraf 129 bedarf es hierfür „mehr als zwei Personen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen“ – bei Millionen von Autofahrern ist der Tatbestand unverkennbar erfüllt. Außerdem braucht es den Nachweis, dass dieser „Zusammenschluss auf Dauer angelegt ist“ – der Bau erster Autobahnen in Deutschland, die seitdem massiv erweitert wurden, reicht bis in die Nazizeit zurück.

Pate der Clans

Zudem gibt es zuhauf Belege für die in Paragraf 129 ebenso erforderlichen und festen Rollenzuschreibungen innerhalb dieser kriminellen Vereinigung. Im Fall der mit dem Auto eng Verbundenen sind diese schnell benannt: Fahrer, Beifahrer, Mitfahrer, Kfz-Mechatroniker, Tankstellenbesitzer, ADAC-Mitglieder, Autohändler, Parkplatzwächter und zuoberst mit schützender Hand über allen der Schirmherr und Pate dieses weitflächig vernetzten Clans: der Verkehrsminister. Der muss sich im Zuge der Ermittlungen besonders warm anziehen. In Paragraf 129 heißt es nämlich weiter: „Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern der Vereinigung gehört.“

Hinzu kommt beim Verkehrsminister, aktuell der Liberale Volker Wissing, die „Absicht, eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen zu verursachen“ sowie durch ständigen Bau neuer Autobahnen die klare und „öffentliche Aufforderung zu kriminellen Straftaten“ (Paragraf 111 StGB). Gerade wegen des letzten Punktes gibt es in der bayerischen Generalstaatsanwaltschaft tiefreichende Überlegungen, alle heimischen Vorgänger des derzeitigen Verkehrsministers in Präventivhaft zu nehmen, da die Gefahr besteht, dass sie durch den bald vakant werdenden Posten ihres Nachfolgers zu Wiederholungstätern werden könnten.

Wahrer Volksaufstand

Es liegt auf der Hand, dass die weitreichende Aktion der Staatsanwaltschaften einen wahren Volksaufstand nach sich ziehen wird. Denn dem Deutschen ist sein Auto heilige Kuh und goldenes Kalb in einem, und ihm sein liebstes Kind entreißen zu wollen, wäre für den gemeinen Germanen ähnlich erschütternd wie das plötzliche Verschwinden von Fußball, Grillwurst und Raufasertapete. Doch die Bundesinnenministerin bleibt hart: Die Maßnahmen zeigten, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lasse, sagte Nancy Faeser (SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln – so wie es ihre Pflicht ist.“

Bleibt am Ende die Frage der Unterbringung der vielen Millionen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilten Verbrennerfahrer. Möglichkeiten wären hier die schon bald stillgelegten Fertigungshallen der Autoindustrie, massenhaft leer gewordene Privatgaragen oder Container auf vielen zahlreich nun frei bleibenden Parkflächen. Der Rechtsstaat wird es schon richten.

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kari

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