Die Wahrheit: Meine Freiheit, die ich meine
Was ist denn nun die Freiheit? Floskel des Jahres oder Gebot der Stunde, wie die FDP meint? Eine frei erfundene Homestory.
Die erste bange Frage – mit K wie Ksangsverein oder C wie Wasserclosett? – klärt sich schnell: Marco buchstabiert sich Buschmanns Vorname, so steht es auf seinem Klingelschild. Und darunter: „Bundesminister der Justiz • Mitglied des Deutschen Bundestags • Seit Januar 2010 bei Twitter“. Der Klingelton: Eine hymnisch aufbrausende Melange aus Berliner Freiheitsglocke und Westernhagens Ode an die Freiheiheiheit, wohl sehr wahrscheinlich von MBSounds zusammengeklöppelt, wie sich der bekennende Hobbyelektroniker Marco Buschmann auf Soundcloud nennt.
„Die Tür ist offen“, hören wir ihn rufen. Er schließe nie ab, erklärt uns der notorisch Unrasierte, weil: Er halte nun mal einfach nichts von so Einschränkungen. „Meine Haustür soll selbst entscheiden können, wen sie rein lässt und wen nicht“, orgelt er, und noch ehe wir „dann kann hier ja im Prinzip jeder rein marschieren“ denken können, fügt er hinzu: „Jeder ist für sich selbst verantwortlich.“
Dann lässt er uns ohne Umschweife bei sich einmarschieren. Wir nehmen auf der Couch mit C Platz, schnallen uns an – freiwillig wohlgemerkt, denn obwohl alle Sitzmöbel entsprechend ausgestattet sind: Eine Gurtpflicht gibt es im Hause Buschmann selbstverständlich nicht. „Wenn Sie böllern möchten“, unser Gastgeber deutet auf ein Schälchen mit Kanonenschlägen. „Ich selber mache mir nichts draus“, sagt er, während er uns Feuer gibt, „halte aber nichts von Verboten.“ Wir lassen es anstandshalber ein bisschen krachen. Auf dem Couchtisch liegt: die aktuelle Freiheit-Revue.
Team B oder: Das B-Team
Ob das wirklich ein Brikett sei, das er sich in seinen Unterkiefer habe einbauen lassen, wollen wir dann von dem gelernten Katholiken wissen. „Würde ich mich sonst Brikettfresse nennen? Natürlich nur privat. Offiziell bin ich der Marco. Oder Team Buschmann. Oder einfach nur der Herr Justizminister. Je nach dem. Ach so: Meine Frau sagt manchmal Uschi zu mir. Wie Buschi. Aber ohne B“, erklärt er ganz frei heraus, was insofern überrascht, als „Uschi“ sein Privatleben sonst streng unter Verschluss hält. Geboren und aufgewachsen in Gelsenkirchen. Mehr wusste man bisher nicht über ihn. „Heißt es Gelsenkircher oder Gelsenkirchener Barock“, fragen wir den Gebürtigen, doch der winkt nur müde ab. Die Antwort darauf wäre ihm „zu privat“.
„Wo lagern Sie Ihre Winterreifen ein?“, versuchen wir ihn dann in Anspielung auf Lauterbach zu foppen, der neulich vorschlug, dass Coronamasken wie Winterreifen nur noch von O bis O aufgezogen werden. Doch Buschmann weicht aus. „Da, wo ich auch meine Masken (er macht Tüddelchen in die Luft:) ‚über den Sommer‘ bringe. Ich bitte um Verständnis, dass ich keine genaueren O-Angaben machen kann.“ – „Aus Sicherheitsgründen?“ – „Nein, weil ich es vergessen habe.“
Dann klopfen wir ihm noch, und zwar so auf den Busch: „Bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Wenn ich nicht gerade im Ministerium oder einer Talkshow sitze …“ – „… dann hocke ich am liebsten bei den Klimazauseln auf der Autobahn“, bricht es ohne jedes Tempolimit aus ihm heraus. „Sie meinen diese Kids, die den Verkehr blockieren?“ – „Genau. Näher kann man seinen Wählern nicht kommen.“ – „Echt jetzt? Die Letzte Generation wählt FDP?“ – „Nein, eher diese Autofahrer, die die Aktivisten von der Straße zerren. Ich stecke denen dann immer so FDP-Zeug zu, Kugelscheiber oder Kondome, auf denen 'Sei scheiß, sei liberal’ oder ‚Hey, ich bin gut drauf! Bist du gut drunter?‘ steht.“ – „Und wenn Sie wer erkennt?“ – „Füll ich mit dem zusammen einen FDP-Aufnahmeantrag aus. Diese Schlägertypen können ja häufig nicht schreiben.“
Alles klar. Letzte Frage: „Was liegt heute noch so an, Herr Minister?“ – „Na gut“, er muss nicht lange nachdenken, „bisschen twittern vielleicht, an neuen coolen Sounds basteln. Später dann eine Gesetzesnovelle vorbereiten, oder wie das heißt. Zum Thema oben ohne.“ – „Ohne Maske oben rum?“ – „Nee, ohne Bikinioberteil. Ins Freibad zum Beispiel. Oder in die Ober.“ – „Sie meinen wohl: in die Oper.“ – „Ja, in die Oper. Was hab ich gesagt?“ – „Ober, aber egal.“ – „Lol, Ober“, er schmunzelt – soweit das mit einer Kinnlade wie seiner überhaupt geht. Dann, mit albern verstellter Stimme: „Herr Ober, bitte, ein Bikinioberteilchen, oder was? Hahaha. Ich lach mich checkig – oder würden Sie scheckig sagen?“ – „Keine Ahnung. Mal Dennis Scheck fragen, der müsste das wissen.“ – „Danke für den Hinweis. Vielen Dank übrigens auch für den Besuch.“
Dann schmeißt uns seine Haustür einfach raus. Faktencheck folgt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm