Die Wahrheit: Auf ein Neues in der Häschenschule

Geschafft! Fünf Minuten Fame für jeden Gast – und nicht nur für die üblichen Tischzampanos und -zampanas. Wie das geht, lesen Sie hier…

Die chinesischen Tiersternzeichen wiederholen sich bekanntlich alle zwölf Jahre. 2022 war das Jahr des Tigers. Der soll neben Mut und Energie vor allem für Unberechenbarkeit und Risiko stehen. Damit ist nun genug. Am 22. Januar steigt das Jahr des Hasen. Der steht für Genügsamkeit und fröhliches Beisammensein. Im Mittelpunkt fühlt Hase sich am wohlsten.

Andy Warhol, der alte asketische Party-Hase, wurde zwar 1928 im Jahr des Drachen geboren, muss aber Aszendent Hase gehabt haben, zumindest ist er im Hasenjahr 1987 von uns gegangen. Von ihm soll das Bonmot stammen, dass in Zukunft jede und jeder für 15 Minuten weltberühmt sein wird.

Vielleicht hatte er damals die Bevölkerungsexplosion noch nicht so absehen können. Denn 15 Minuten Fame bei einer Weltbevölkerung von acht Milliarden Menschen: Wie soll das gehen? Instagram, TikTok und Facebook zeitigen enorme Reichweiten, doch die ganze Welt packen sie nicht – und niemand schenkt ihnen eine Viertelstunde Aufmerksamkeit am Stück.

Vielleicht hatte Warhol es eben auch gar nicht selbst gesagt: „In the future everbody will be world famous for fifteen minutes.“ Man munkelt, dass der Spruch in einem Stockholmer Kunstkatalog geschrieben stand, aber nicht von ihm. Egal, als schlauer Hase mit Drachengenen hat er sich damit auf sparsame Weise weltberühmt gemacht, und das nun schon ziemlich lange.

Vorlesen nach ganz eigenem Gusto

Neulich stand ein Familiengeburtstag an, höchst undankbare Zeit Anfang Januar. Während der zahlreichen vorhergehenden Feiern waren die üblichen Gesprächsthemen wie Steuer, Krieg, Kniebeschwerden, Urlaub, Gaspreise und Corona bereits ausgiebigst duchdekliniert worden. Einem plötzlichen Geistesblitz folgend schrieb ich die 15 Gäste mit folgendem Vorschlag an: Jede und jeder kann für fünf Minuten etwas vorlesen, was gefällt oder bemerkenswert erscheint. Alles und jedes ist willkommen und erlaubt: Gebrauchsanweisungen, Witze, Romanstellen, Tagebuch, Zeitung, you name it.

Ohne zu murren, mit leichtem bis schwerem Lampenfieber ging die wild gemischte Gästeschar darauf ein. Es wurde ein erfreulich gepflegter Strauß der Unterhaltung: vom Robert-Gernhardt-Gedicht über den Körper zu George Sands Winter auf Mallorca, vom Sams mit der Wunschmaschine bis hin zur Erklärung eines Küchenmixers, von der hessischen Ballade bis zum brauchbar klingenden Apfelkuchenrezept.

Nach fünf Minuten klopfte ich stets auf eine Klangschale. Zuletzt kam ein Karl Valentin: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.“ Genau. Nimm das, Andy Warhol! Fünf Minuten Fame für jeden Gast pro Abendessen – nicht nur für die üblichen Tischzampanos und -zampanas. This we can make reality! Yes. Tipp: Bei weniger oder mehr Gästen können Lesezeit und der damit einhergehende Ruhm entsprechend variiert werden. Macht Spaß und kostet zero Energie. Das ist er, mein Fame- und Spartipp fürs Hasenjahr. Da nich für.

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kari

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