Die Wahrheit: Shakespeare auf Eis
Neues aus Neuseeland: Die Landesmutter hat es auch nicht leicht. Zwischen Antarktis und Iran nichts als Probleme, Probleme, Probleme …
J acinda Ardern hat es schwer zur Zeit: sexistische Angriffe im Netz, schlechte Ergebnisse bei den Lokalwahlen, und der Hochzeitstermin steht immer noch nicht fest. Die letzten Wochen haben Neuseelands Premierministerin besonders gefordert. Sie schlug sich mit Shakespeare-Fans und Abenteurern im Iran herum – und der Antarktis.
Zum ersten Mal besuchte die Politikerin Scott Base, Neuseelands Polarstation. Doch vor der Ankunft wurde sie unfreiwilliges Mitglied im „Bumerang-Club“: Wie etliche vor ihr konnte sie wegen schlechten Wetters nicht im Eis landen und drehte um. Im zweiten Anlauf pfiff ihr nicht nur eisiger Wind um die Ohren, sondern auch Vorwürfe: 500 Millionen Dollar würden für den Ausbau von Scott Base verplempert, statt sie in die Forschung zu stecken. Die PR-Reise ging nach hinten los.
Zurück daheim entbrannte ein weiterer Streit. Ein Förderprogram, das schauspielernde Schüler zu Shakespeares Globe-Theater nach London verschickt, sollte nach 30 Jahren gestrichen werden – da der britische Barde laut der Behörde Creative NZ „gefangen im Imperialismus“ sei und nicht zeitgemäß fürs bikulturelle Aotearoa. Shakespeare gecancelt? Das wiederum wurde als „rassistisch“ beschimpft.
Schließlich geriet die Landesmutter zwischen die internationalen Fronten. Während die westliche Welt am Tod von Mahsa Amini und den Protesten im Iran Anteil nahm, gab es dazu von neuseeländischer Seite keine deutliche Stellungnahme – obwohl Menschenrechtsverletzungen, besonders gegen Frauen, sonst von Jacinda Ardern angeprangert werden. Schuld daran waren zwei Touristen.
Topher Richwhite – passender Name, da Sohn einer der reichsten Männer Neuseelands – und seine frischangetraute Bridget Thackwray kreuzen als Influencer für „Expedition Earth“ durch die Welt. Bevor die Proteste im Iran begannen, gab es bereits eine Reisewarnung, die die beiden ignorierten: Sie wollten mit ihrem Jeep von der Türkei in den Mullah-Staat. Nach langem Warten an der Grenze machten sie scherzhafte Instagram-Aufnahmen mit Küssen. Im Kofferraum hatten sie unerlaubte Bilder von sich in Badehose und Bikini.
Das Paar wurde von der Sittenpolizei einkassiert und dann zum diplomatischen Pfand. Vier Monate lang wurde hinter den Kulissen um ihre Freilassung verhandelt, die Medien durften nichts berichten. Um die Verhandlungen nicht zu gefährden, musste Neuseelands Regierung sich mit kritischen Äußerungen zum Iran zurückhalten – auch nach dem Tod von Mahsa Amini. Ein hoher Preis.
Die Reaktion auf die Heimkehrer war entsprechend gemischt: Idioten, egoistisch, leichtsinnig. Es war nicht die erste riskante Aktion der reisenden Reichen. Im Sudan wurden sie auf dem Weg zu einem der heißesten Punkte der Erde, der Danikil-Depression, einst mit vorgehaltener Waffe bedroht. Und 2019 kletterten sie hoch auf einen Wasserfall im Reservat der Unesco-Biosphäre – in Bayern.
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