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Die WahrheitGold oder Laib

Das wahre Käsemärchen: Wie der Herr von der Linden einmal die Lösung für sämtliche Probleme dieser Welt fand.

Der Bote eines fernen Königs wollte allen Käse kaufen Foto: Reuters

Es war einmal ein sehr reicher Mann, den nannten alle nur den Herrn von der Linden, der hatte einen riesigen Käse. So groß war der Käse, dass er alle Bewohner Nemetskiens für viele Jahre hätte ernähren können.

Doch der Herr von der Linden wollte den Käse nicht teilen, so oft man ihn auch bat. Lieber wollte er den Laib behalten und später an einen König in einem fernen Land verkaufen, wenn dieser ihm nur genug Geld böte.

Immer lauter wurden da die Rufe der Bewohner Nemetskiens, Herr von der Linden, wir hungern, riefen sie und baten ihn, doch zumindest ein paar Stücke vom Käse abzuschneiden und unter die vielen darbenden Bürger zu verteilen. Und auch der Herr von der Linden machte sich Sorgen, allerdings nicht um die Bürger. Er machte sich Sorgen um seinen Gewinn. Denn während er auf das Geld des fernen Königs wartete, musste er zahlreiche Leute dafür bezahlen, sich um den Käse zu kümmern, damit dieser nicht verdarb.

Also fragte er seinen Berater, ob er nicht wenigstens einige seiner Käsearbeiter entlassen könnte, um während des Wartens auf Bezahlung Geld zu sparen. Nein, sagte da der Berater, alle Leute werden gebraucht.

Verdorbener Käse

Erbost fragte der Herr von der Linden dann seinen Berater „Wozu brauche ich denn dich?“ Da sagte der Berater, Herr von der Linden, ohne mich hätten Sie die Arbeiter entlassen und der Käse wäre verdorben. Da musste der Herr von der Linden wohl oder übel einsehen, dass er den Berater brauchte.

Wütend ging er nun zum Randbefeuchter, der ganz zufällig in der Nähe stand, und fragte ihn: „Und dich, Randbefeuchter, wozu brauche ich eigentlich dich?“ Da antwortete ihm der Randbefeuchter, Herr von der Linden, ich befeuchte stündlich den Käse, sogar nachts stehe ich dafür auf, damit er frisch bleibt und nicht krümelt und zerfällt. Da musste der Herr von der Linden achselzuckend einsehen, dass er auch den Randbefeuchter brauchte.

Also ging er zur Lohnschneiderin und fragte auch diese: „Lohnschneiderin, wozu brauche ich denn dich? Du machst ja sogar, dass mein Käse immer weniger wird!“ Da sagte die Lohnschneiderin, aber Herr von der Linden, ich schneide jeden Tag gerade so viel ab, dass die Arbeiter davon Lohn und Brot haben. Ohne mich hören sie auf zu arbeiten. Da musste der Herr von der Linden einsehen, dass er auch die Lohnschneiderin brauchte.

Unersetzlichkeit der Arbeiter

Erbost über die Unersetzlichkeit seiner Arbeiter und seine eigene Unwissenheit, stellte er nun noch vielen Weiteren die Frage, wozu er sie eigentlich brauchte. Er fragte die Schimmelinspektorin, den Luftfeuchtebestimmer, die Würzmeisterin und den Laibwender, die Ameisenscheucherin und den Schirmhalter, doch wen er auch fragte, immer musste er feststellen, dass sie unersetzlich waren, wollte er den Käse erhalten.

Da ging er zu guter Letzt wieder wütend seinen Berater an: „Berater, ich habe nun jede Arbeiterin und jeden Arbeiter gefragt, wozu ich sie brauche, und auf keinen von ihnen kann ich verzichten. Wenn ich nicht mal dafür sorgen kann, dass der Käse mir am Ende Gewinn bringt, wozu bin ich dann überhaupt gut?“ Darauf wusste nun auch der Berater keine Antwort, und so musste der Käsebesitzer einsehen, dass nur er allein überflüssig war, nahm seinen Hut und verließ das Dorf für immer.

Wenig später erschien ein Bote eines fernen Königs mit einer Truhe voll Gold und wollte den ganzen Käse kaufen. Doch die Bürger wollten nicht mehr den ganzen Käse verkaufen. Sie nahmen nur die Hälfte des Goldes, schafften davon eine Kuh an, um einen neuen Käse herzustellen, gaben dem Boten wiederum nur die Hälfte des Käses und versorgten mit der anderen Hälfte sich selbst. Und sogar die Katzen und Mäuse bekamen ihren Teil ab und waren glücklich. Und wenn sie nicht gestorben sind, käsen sie noch heute …

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