Die Wahrheit: Mit Taylor Swift im Tellerlift
Hellhörig gilt es zu sein, wird etwas als „eigentlich nicht gefährlich“ beschrieben. Was das mit der Bardin Taylor Swift zu tun hat, lesen Sie hier.
F reunde, an deren Urteil mir viel liegt, preisen die Musikantin Taylor Swift schon seit geraumer Zeit in hohen Tönen. Leider triggert schon ihr Name bei mir ein schlimmes Trauma, das ich hier schnell wegerzählen will, damit es aus der Welt ist und ich spornstreichs zu meinem eigentlichen Thema kommen kann.
Es begab sich also zu jener Zeit, da Sportlichkeit mir, meinen körperlichen Fähigkeiten entsprechend, wünschenswert erschien. Eine Freundin befleißigte sich, mich in das Herunterrutschen von verschneitem Gefälle vermittels gewachster Bretter unter den Füßen einzuweisen. Dies sei, so die Freundin, „eigentlich völlig ungefährlich und ganz leicht“. Zum Zwecke des Runterrutschens muss besagtes Gefälle zunächst erklommen werden, wozu der Skifahrer sich gern ausgeklügelter Hilfsmechanismen bedient. In diesem Fall war das ein Tellerlift.
Dabei handelt es sich um eine frisbeeförmige Gummischeibe, die der Anwärter aufs Denberghochgezogenwerden sich beherzt zwischen die Schenkel klemmen muss. Das Warten in der Schlange gab mir Gelegenheit, die Anwendung dieser Kulturtechnik am Beispiel erfahrener Kinder zu studieren. Die wussten, was zu tun war. Und so wusste ich es auch, als endlich die Reihe an mir war. Der Tellerlift schwang herum, ich umschenkelte ihn frohgemut, den Blick bereits entschlossen gen Gipfel gerichtet – und setzte mich hin.
Arsch auf Kunstschnee
Das war der Fehler, wie ich heute weiß. Mit dem Förderseil ist der Tellerlift traditionell durch elastisches Tau verbunden, dessen Elastizität wohl das Anfahren weniger ruppig gestalten soll, aber keineswegs das Gewicht eines erwachsenen Mannes zu tragen vermag. Mir ging also sofort der Arsch, wenn nicht auf Grundeis, so doch auf Kunstschnee. Nicht verschweigen kann ich, dass ich für zwei oder drei Sekunden noch versuchte, mich irgendwie festzuklammern.
Umso radikaler aber entlud sich die aus meinem Verharren und dem stoischen Vortrieb der Seilbahn resultierende Spannung, als die frisbeeförmige Gummischeibe endlich zwischen meinen Schenkeln hervorschnellte. Beim schwerkraftbedingten Zurückschwingen traf mich der Tellerlift, gewissermaßen zum Abschied, noch einmal so präzise und wuchtig an der Nase, dass ich am Ende benommen in meinem Blute lag, ausgesetzt den Elementen und dem Gelächter der Menge.
Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass an diesem Tag dem internationalen Skizirkus eines seiner vielleicht größten Talente verloren ging, noch bevor es sich richtig entwickeln konnte. Mit Sicherheit kann ich aber sagen, dass ich seit diesem Tag hellhörig werde, wenn ich das „eigentlich“ höre – wenn etwas „eigentlich nicht gefährlich“ ist, ist es gefährlich.
Taylor Swift hat damit selbstverständlich nichts zu tun. Sie macht einfach nur entsetzlich langweilige Musik.
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