Die Wahrheit: Hunderennen mit Saufaus
Treten Tier und Mensch gegeneinander an, geht das eher nicht gut für Homo Sapiens aus. Besonders blamabel fällt die Blamage aus, ist Alkohol im Spiel.
M ein Vater war kein besonders professioneller Trinker. Das zeigten seine Totalabstürze. „Er denkt immer, er verträgt wunder was“, schüttelte meine Mutter am nächsten Tag streitlustig den Kopf, „dabei kann er gar nix ab. Wie so ’n Baby!“
Sie gab vor, mit mir zu reden, aber sie meinte natürlich ihn. Meistens flüchtete er vor der Diskussion mit einem Abwinken, wenn er allerdings ein wenig stolz war auf den Bock, den er da letzte Nacht wieder geschossen hatte, zwinkerte er mir zu und hob den Zeigefinger an die Lippen. „Psssst!“
Sie waren mit ein paar befreundeten Paaren „nach dem Tanzen“ bei uns eingekehrt, um einer guten Flasche Asbach Uralt oder, furchtloser noch, dem Kutscherschluck den Garaus zu machen. Schließlich kam man überein, den grandiosen Abend mit einem kleinen Ausnüchterungsspaziergang abzurunden. Allein, mein Vater kam nicht mehr hoch aus dem Sessel, partielle Schnapsparalyse.
Davon allerdings wollte die Zechgemeinde nichts wissen. Sie holte aus dem Garten die Schubkarre, half meinem Vater hinein und dann ging es los zu einer Prozession durchs Dorf. Alle 500 Meter wechselten die Männer sich beim Schieben ab und nahmen zur Motivation einen Schluck.
Mein Vater auch, weil ihm so langweilig war da vorn. Und zum Frischmachen. Als sie ihren Rundgang beendet hatten, stieg er aus der Karre und bedankte sich per Handschlag bei seinen Schiebern. „Ein Wunder“, riefen die Ehefrauen.
Spaziergang auf der Agenda
Einige Jahre davor oder danach kam er mit seinem Freund Alfred vom Fußball. Die Alte Herren hatten die Elf aus dem Nachbardorf mit einem seriösen 3:1 vom Feld geschickt, so dass sein Versprechen, nach dem Spiel sofort heimzukommen, Runde um Runde gebrochen wurde. Alfred und er konnten sich schließlich doch loseisen, es standen Spaziergänge auf der sonntäglichen Agenda, Alfred mit seinem Schäferhund, mein Vater mit seiner Frau.
Enttäuscht darüber, den Kelch nicht bis zum Boden leer gelutscht zu haben, gerieten die beiden auf dem Heimweg in einen Dissens. Ausgehend von einer despektierlichen Bemerkung über den Fitnesszustand der Töle, stritten sie, wer schneller sei – mein Vater oder das Tier. Ein Wettlauf wurde verabredet.
Alfred holte seinen fellnasigen Freund aus dem Zwinger, ein Nachbar wurde rekrutiert als Startsignalgeber und dann sah man, wie ein erwachsener Mann von gut vierzig Jahren das Rennen seines Lebens lief gegen einen deutschen Schäferhund. Selbst stocknüchtern hätte es kaum gereicht für meinen Vater, aber so knallvoll war er chancenlos – der alternde Vierbeiner zog locker vernichtend an ihm vorbei.
„Wir müssen deinen Vater in die Klapse bringen“, begrüßte mich meine Mutter am nächsten Morgen. „Jetzt läuft er schon mit einem Hund um die Wette.“ Er aber war mit seiner gestrigen Performance so im Reinen, dass er die Garstigkeiten meiner Mutter überlegen weglächelte.
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