Die Wahrheit: Prügel im Internat
Neues aus Neuseeland: Einen konservativen Politiker holt seine Vergangenheit als Bully mit Frauenunterwäsche an Schule und Universität ein.
A otearoa hat das britische Klassensystem seiner Pioniere seit Kolonialzeiten hinter sich gelassen. Egalitär sind die Kiwis und friedliebend. Doch eine Bastion von Mutter England ist auch Baupfeiler der neuseeländischen Gesellschaft: private Internate, getrennt für Jungen und Mädchen. Die institutionalisierte Gewalt an den vorwiegend weißen Edelschulen stellt selbst den Maori-Schocker „Die letzte Kriegerin“ in den Schatten.
Viele Mitglieder der konservativen National Party stammen von Schulen wie dem prestigeträchtigen King’s College in Auckland. Auch deren neuester Abgeordneter aus Tauranga, Sam Uffindell. Nach Banker-Jahren in Sydney und Singapur war er mal Vize der Deutschen Bank, bevor er zu Beginn der Pandemie wie viele Ex-Pats mit Frau und Kindern in die alte Heimat zurückkehrte.
Der Erfolgsmann war erst eine Woche im neuen Amt, als ihn seine Vergangenheit am King’s College einholte. Dort hatte er als 16-Jähriger zusammen mit anderen Schülern einen 13-Jährigen so übel verprügelt, dass der Prellungen davontrug und traumatisiert wurde. Angeblich benutzten seine Angreifer hölzerne Bettpfosten. Uffindell flog deshalb von der Schule.
Erst vor neun Monaten, wohl um seine politischen Ambitionen abzusichern, entschuldigte sich der Prügel-Boy bei seinem Opfer – 22 Jahre zu spät. Als vorige Woche alles durch einen Exklusivbericht auf stuff.co.nz ans Licht kam, redete er sich raus: „Es war der letzte Tag des Schuljahres, und wir waren einfach albern und machten Quatsch … wir haben uns mitreißen lassen und taten, was wir taten.“
Toxische Männlichkeit wird weiter zelebriert
Am Tag nach der Enthüllung folgte die nächste: Der Konservative soll auch eine Kommilitonin an der Uni gemobbt und belästigt haben. Er sei ein „Bully“ gewesen, der an ihre Tür trommelte und Obszönitäten brüllte, bis sie aus dem Fenster floh. Bisher hat Uffindell sich nur zu seinem „studentischen Lifestyle“ bekannt, der sich durch hohen Alkoholkonsum auszeichnete. Seine Studentenbude war – belegt durch einen Wettbewerb – eine der dreckigsten der Stadt. Frauenunterwäsche hing als Trophäe aus dem Fenster.
Uffindells Eskapaden sind zwar ans Licht gekommen, aber nur ein Bruchteil dessen, was an den Privatschulen weiterhin verborgen liegt. Toxische Männlichkeit wird dort nach wie vor zelebriert und prägt die späteren Karrierenetzwerke der „old boys“, der Ehemaligen. Wer nicht in einem der berüchtigten Aufnahmerituale namens „Hazing“ mit einem nassen Handtuch von der Gruppe geschlagen oder mit dem Kopf ins Klo gedrückt wurde, gehört nicht dazu.
Prompt gab es die weibliche Antwort in der Labour-Partei auf den Uffindell-Skandal. Eine Mitarbeiterin der Abgeordneten Anna Lorck behauptete, ebenfalls gemobbt worden zu sein. Die angebliche Gemeinheit bestand daraus, dass sie Möbel im Büro verrücken musste, weil sie der Chefin keinen Kaffee gebracht hatte. Zum Glück waren weder Bettpfosten noch Kloschüsseln im Spiel.
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