Die Wahrheit: Wladi und die Pitbulls
Ein Spielplatz im Osten, live. Zwischen den Sandkästen läuft ein durchgedrehter Hänfling brutal Amok.
Das Spielplatz-Drama von Berlin dauert bereits mehrere Stunden – und eine Lösung ist weiterhin nicht in Sicht. Wir berichten hier live aus der unter Schock stehenden Hochhaussiedlung am östlichen Rand der Hauptstadt.
Auch nach Stunden kann man sich nicht gewöhnen an den grotesken und beklemmenden Anblick: Zwei Pitbulls an langen Leinen jagen völlig verängstigte Kinder über den großen Spielplatz. Man sieht verletzte, auch tote kleine Körper herumliegen. Immer wieder erreichen panisch flüchtende Kinder den westlichen Rand des Sandkastens und retten sich völlig verstört in die Arme der dort stehenden Erwachsenen. Polizei und Feuerwehr sind da, machen aber keine Anstalten, einzugreifen.
Der Mann, der die Hundeleinen hält, brüllt herüber: „Wenn nochmal jemand einem Kind einen Stock zuwirft, betrachte ich das als Angriff!“ Dabei öffnet er seine Jacke und macht den Blick auf den Sprengstoffgürtel frei, den er sich umgeschnallt hat.
Aufgemotztes Kinderfahrrad
Eine Anwohnerin erzählt: „Der Wladi, der war immer der Kleinste und Schwächste hier. Als die anderen Kinder noch frei entscheiden durften, wurde er nie gewählt beim Fußball. Und als er anfing, mit Spielzeuggewehren herumzulaufen, wurde viel gekichert. Das hat ihn anscheinend maßlos geärgert. Aber er wirkte nun mal so lächerlich. Auch später, als er mit nacktem Oberkörper durch die Siedlung fuhr auf seinem aufgemotzten Kinderfahrrad. Mit seiner Hühnerbrust. Und seinem Plastik-MG. Er ist ja ein Hänfling und kein Mann. Da helfen auch Hunde und Gewehre nix.“
Ein anderer Nachbar mischt sich ein: „Mein Sohn war mal bei ihm zu Hause und hat erzählt, dass in Wladis Zimmer alles voller Fotos von Terroristen hing. Deren irrationale Allmacht hatte es ihm wohl angetan: Wenn ihr nicht macht, was ich will, sprenge ich uns alle in die Luft. Und als er sich die Hunde anschaffte und sie ‚Fass‘ und ‚Bombe‘ nannte, hätten wir eigentlich wissen müssen, was uns blüht.“
Um ein ausgewogenes Bild zu erhalten, fragen wir nach den Sozialarbeitern des Jugendzentrums „Höckelinx“, die in der Siedlung als „Wladi-Versteher“ gelten. Eine Frau winkt ab: „Die sind natürlich abgetaucht jetzt. Bis gestern haben sie ja immer beteuert, dass er Kindern niemals etwas antun würde. Alles andere sei Propaganda. Na ja, eine von denen sagte vorhin immerhin zu mir, dass der Wladi jetzt wohl etwas übertreibe. Aber die anderen basteln wahrscheinlich noch an einer Erklärung, die uns hier die Schuld gibt statt Wladi. Und den Kindern, die ihn provoziert hätten mit ihrem Kichern.
Gestrichen volle Hosen
Die Höckelinxer haben ja immer erzählt, dass er der Angegriffene sei. Wenn er Kinder bedroht hat und diese zu ihren Eltern laufen wollten, hat er das als Angriff der Eltern auf sich empfunden. Der rafft gar nicht, dass er es ist, der Angst verbreitet. Na ja, oder er genießt es. Wahrscheinlich beides. Letztlich hat der Typ jedenfalls die Hosen gestrichen voll. Hilft aber nix.“
Plötzlich entsteht Unruhe. Ein Mann hat es geschafft, an der Polizei vorbei auf den Spielplatz zu laufen. Jetzt geht er auf Wladi und die Hunde zu. Ein Anwohner, der ein Fernglas dabeihat, ruft: „Das ist der Rapper! Das ist Dreggsagg!“ Und erläutert dann: „Das ist Wladis Dealer. Er ist ein Arschloch – aber vielleicht kann er gerade deshalb was erreichen bei dem Irren?“ Wir nehmen das Fernglas.
Der Rapper nähert sich jetzt den heiser bellenden Hunden und redet ihnen sanft zu. Schließlich kann er sie sogar streicheln. Dann setzt er sich neben Wladi und drückt ihm ein Bündel Geldscheine in die Hand. Der zählt einige davon ab und gibt sie Dreggsagg zurück. Plötzlich wechselt die Stimmung. Wladi springt auf und kreischt Dreggsagg an: „Du willst was?! Die Kinder soll ich in Ruhe lassen? Diese Naziterroristen? Wer bist du, dass du mir Ratschläge erteilst? Du bist mein Knecht und wirst gut bezahlt dafür! Also hau ab und lass dich hier nicht mehr blicken! Und erzähl mir nichts von Freundschaft, du Idiot!“
Verzweifelt fragt eine Anwohnerin: „Was können wir denn jetzt noch tun für die Kinder? Wenn wir ihn angreifen, sprengt er das ganze Viertel in die Luft!“ Ein älterer Mann meint kopfschüttelnd: „Wir hätten ihn längst stoppen müssen. Neulich, als er das Spielhaus besetzt hat und sich mit seinen Kötern dort einquartiert hat. Aber jetzt ist es zu spät.“
Wladi brüllt erneut etwas herüber: „Ich habe eben zwei Dreijährige dabei erwischt, dass sie heimlich Molotowcocktails bauten. Aus Sand und Laub. Schon wieder haben mich Kinder angegriffen. Dafür werdet ihr alle bezahlen! Alle!“ Und dann gibt Wladi wieder ein Stück Leine frei …
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