Die Wahrheit: Sozialdemokratische Sexträume
Die Wahrheit-Vorschau 2022: Das kommende Jahr bringt Krieg, menschliche Blockchains und andere Nachhaltigkeitsprojekte.
Januar
Riesenschock für die Ampelkoalition: Die Regierung Merkel hat in den letzten Tagen ihrer Amtszeit noch heimlich einen Angriffskrieg gegen Österreich beschlossen. Deutsche Truppen stehen bereits vor Wien. „Da kommen wir jetzt superschlecht wieder raus, fürchte ich“, lässt sich Außenministerin Baerbock zitieren, „zumal mein Österreichisch nur so Schulösterreichisch ist. Mein Vorschlag wäre: Wir ziehen diesen Krieg jetzt mit minimalem Aufwand in sechs Wochen durch, danach gehen wir in eine Reflexionsrunde und schauen, wo wir Fehler gemacht haben und was wir verbessern wollen. Ansonsten: Küss die Händ, Palatschinken!“
Februar
Bei der Wahl zum Bundespräsidenten gehen neben Steinmeier auch Erika Steinbach, Sahra Wagenknecht und Jan Josef Liefers ins Rennen. In letzter Minute verkündet die Union ihren Kandidaten: Es ist der ehedem als Kanzlerkandidat gehandelte Friedrich Merz! „Wir wollen das Bundespräsidialamt in ein modernes, leistungsorientiertes Unternehmen mit Start-up-Mentalität umbauen“, so Merz, der der Bundesversammlung aus Washington zugeschaltet wird. „Die Unterschriften des Bundespräsidenten sollen in der Blockchain verschlüsselt werden, so dass auch im Netz unmissverständlich feststeht: Dieses Gesetz gehört mir, es darf nicht einfach so kopiert, zitiert oder gelesen werden.“ Steinmeiers Sieg überrascht niemanden stärker als seinen alten Freund, Kanzler Olaf Scholz: „Dass wir beide als Steigbügelhalter Schröders mal gemeinsam das Land in die Knie zwingen, hätte ich mir vor zwanzig Jahren nicht mal in meinen wildesten Sexträumen einfallen lassen!“
März
Während Wien in Flammen aufgeht, steht der Koalition der erste handfeste Ehestreit ins Haus: Landwirtschaftsminister Özdemir will die Preise für Lebensmittel, Mieten, Atemluft und Medikamente stark anheben, gleichzeitig sollen Löhne und Hartz IV „die Kellertreppe runtergestürzt werden, dass es nur so kracht“, so Özdemir schmunzelnd in der Bundespressekonferenz. Dies soll dafür sorgen, dass nur die ökologisch wertvollsten Teile der Bevölkerung überleben: „Wenn das funktioniert, könnte man das jährlich veranstalten, als eine Art Green Purge.“ Kanzler Scholz erklärt, bei diesen Plänen „ziemliche Bauchschmerzen“ zu haben, was in Sozideutsch als uneingeschränkte Zustimmung gilt.
April
Der Ösikrieg geht in die nächste Runde, als das eigentlich neutrale Liechtenstein die Westfront eröffnet. Liechtensteinische Truppen setzen über den Bodensee und nehmen Lindau, Friedrichshafen und Konstanz ein. Verteidigungsministerin Lambrecht nennt den Überfall in einem ersten Statement „irrsinnig schade und auch menschlich enttäuschend“. Alle Einheiten der Bundeswehr sind aufgerufen, in den sozialen Medien den Hashtag #finsterstein zu posten, als Geste des Protests. Währenddessen machen Liberale und Grüne eine Entdeckung: Die Kriegspläne hatte der damalige Vizekanzler Scholz seinerzeit selbst unterschrieben! „Warum erfahren wir erst jetzt, dass die SPD bei Merkel heimlich mitregiert hat?“, lässt sich ein sichtlich enragierter Habeck zitieren.
Mai
Die Landtagswahlen in NRW bringen eine Überraschung: 56 Prozent für die AfD, 11 Prozent für die FDP, 9 Prozent für die Union, 4 Prozent für die SPD. Der sonst so kühle Olaf Scholz kann hier nicht länger an sich halten: „Ich kann hier nicht länger an mich halten, sondern muss offen sagen, dass ich dieses Ergebnis sehr ärgerlich finde.“ Eine spezielle Notfallkommission unter Generalsekretär Kühnert soll ein ganz neues Image für die SPD entwerfen: „Die Leute sollen wieder gerne SPD wählen müssen“, so Kevin Kühnert.
Juni
Während die Kämpfe in Süddeutschland, Österreich und Norditalien weitergehen, kann zumindest bei der Energiewende ein erster Erfolg erreicht werden. „Wir haben die Energieversorger an einen Tisch bekommen und ihnen sodann die Pistole auf die Brust gesetzt“, sagt Robert Habeck im Frühstücksfernsehen. „Konkret haben wir die Laufzeiten der meisten Kohlekraftwerke verlängert – aber unter strenger Maßgabe des CO2-Ausgleichs! Für jede Megatonne Treibhausgase müssen die Versorger einen Weinstock setzen, bei mir auf Chateau Habeque im Loire-Tal. Das ist ein hundertprozentig ökologisch produzierter Sauvignon, der hervorragend mit Pasta oder Meeresfrüchten harmoniert.“
August
Inmitten des heißesten Sommers seit Beginn der Aufzeichnungen muss Robert Habeck der Öffentlichkeit eine weitere Hiobsbotschaft überbringen: „Wir werden die Klimaziele leider auch für 2024, 2025 und möglicherweise 2026 verfehlen.“ Dies sei besonders ärgerlich, weil die Grünen-Fraktion im Bundestag bereits 2018 dem Bundesverband der Industrie ein Memorandum überreicht hatte, in dem diese unmissverständlich zu freiwilligen Selbstverpflichtungen aufgefordert wurde. „Mir tut es leid, dass die Industrie unsere ausgestreckte Hand ausgeschlagen hat“, so Klimaminister Habeck. Man werde künftig noch offensiver die Hand ausstrecken, eventuell sogar auffordernd räuspern – oder gar zu einem auffordernden Schulterklopfen übergehen müssen. „Wir können auch anders!“
Oktober
Liechtensteinische Infanterieverbände belagern Chateau Habeque, brennen die Ernte des kommenden Jahres nieder. Der Wirtschaftsminister trägt es mit Fassung: „Schade, dieser besonders sonnenreiche Frühling hätte für einen exzellenten Jahrgang gesorgt. Das erste Opfer eines Kriegs ist immer die Trinkkultur.“ Währenddessen zwingt die neue blau-gelbe Regierung in NRW die Bundes-FDP zu scharfen Forderungen: 0 Prozent Spitzensteuersatz, Teslas aus Bundesmitteln für Führungskräfte. Zudem sieht ein Entwurf Christian Lindners die Bildung einer „menschlichen Blockchain“ aus Langzeitarbeitslosen vor. Kanzler Scholz spricht von „extremen Bauchschmerzen“; das Bundeskabinett billigt die Forderungen im Eilverfahren, um ein Auseinanderbrechen der Regierungskoalition zu verhindern.
Dezember
Kurz vor dem endgültigen Atomausstieg Deutschlands und der Abschaltung der letzten AKWs kann Habeck eine Verständigung mit den Versorgern erzielen: „Wir haben den AKWs noch einmal zehn Extrajahre gegeben. Dafür konnten wir durchsetzen, dass die umstrittenen Castortransporte künftig mit Lastenfahrrädern durchgeführt werden.“ Das Nachhaltigkeitsprojekt wird mit über 15 Milliarden Euro aus Bundesmitteln gefördert.
Der Krieg gegen Österreich endet indes in einem Debakel. Nachdem das siegreiche Fürstentum Liechtenstein in den österreichischen Kernlanden zwischen Bessarabien und Nürnberg eine Donaukleptokratie ausgerufen hat, läuft das notorisch klamme Nordrhein-Westfalen zum zahlungskräftigeren Feind über. Künftig wird halb Europa von einer Briefkastenfirma mit Sitz in Vaduz regiert.
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