Die Wahrheit: Die Letzten streicheln die Katzen
Was die CDU jetzt plant, um sich aus den Fängen ihrer Fiaskos zu befreien. Ein exklusiver Werkstattbericht der Wahrheit.
In der frisch eingerichteten Kurt-Biedenkopf-Stube an der Westberliner Klingelhöferstraße geht es zur Stunde einvernehmlich zu. Neue Töne tönen aus der dort ansässigen Parteizentrale der CDU, der noch so heißenden Christlich Demokratischen Union Deutschlands.
Nicht nur, dass samtene, nichtssagende Loungemusik noch durch den letzten Winkel des mehrstöckigen Flak- und Flaggschiffes plätschert, nein, es ist auch ein tierisch lautes Schnurren allüberall zu vernehmen. Die Wahrheit hat an diesem regnerischen Herbsttag exklusiven Zutritt zu den heiligen Hallen der einstigen Rosenzüchterpartei des Alten, seines Zeichens Konrad der Adenauer.
Seit dem 26. Juni 1945 bereits existiert die Schwesterpartei der bayerischen CSöderUnion. Und jetzt das! In der nigelnagelneuen Kurt-Biedenkopf-Stube wird geschnurrt. Kamerakabel werden nach hier und nach dort getragen, die geschäftsführende Landwirtschaftslobbyministerin Julia Klöckner stolpert mit aufgemalten Schnurrbarthaaren über dilettantisch am Boden verlegtes Klebeband. Noch-WirtschaftundTresenminister Peter Altmaier leckt sich die Lippen nach Leckerlis. Die Bildungsbeauftragte Frau Karliczek faucht das erste Mal in ihrem Leben einen Kollegen an. Was geht hier vor?
Katzensittersekretär Paul Ziemiak klärt eilfertig, doch müde, sehr müde auf: „Wir befinden uns mitten im Dreh zu einem Katzenvideo hier in der Kurt-Biedenkopf-Stube, hier im Dachschaden-, nein, im Dachgeschoss unserer Parteizentrale. Und das ist auch gut so.“ Dann gibt er Peter Altmaier noch zwei Handvoll Leckerlis, die der gebürtige Saarländer unter den neidischen Blicken der leicht verhungerten, nicht nach Mitleid, sondern nach Sympathiebekundungen heischenden Annegret Kramp-Kratzbaum, nein, -Karrenbauer, sofort und mächtig schnurrend vertilgt.
Der neue Image-Fahrplan der CDU
Ziemiak scheint die Fäden an diesem tristen Tag noch in der Hand zu haben; er referiert hier in der Kurt-Biedenkopf-Stube den neuen Image-Fahrplan der CDU. „Wir orientieren uns gemäß unserer veralteten Zielgruppe am Erfolg des Musicals ‚Cats‘.“ Außerdem seien natürlich, das hätte eine „anständig dotierte“ Meinungsforschungsgruppe herausgefunden, „Katzenvideos auf Youtube und Katzendokus in der Mediathek“ eine „hervorragende Orientierungshilfe“ für die Neuausrichtung der Partei. „What’s new, pussycat?“, fährt ihm unvermittelt, ja nachgerade plötzlich und greise grinsend Wolfgang Schäuble in die Parade. Auch der CDU-Altgrande möchte sein Sheba dazugeben.
„What’s new, pussycat? Woah, woah, what’s new, pussycat? Woah, woah, woah!“ Schäuble, der einen Fellwärmer mit der Strickaufschrift „Rum-Tum-Tugger“, dem Starkater aus „Cats“, trägt, ist völlig aus dem Katzenhäuschen. Sein Kommentar zur aktuell desolaten Situation seiner Partei, der Christlich Demokratischen Union Deutschlands? „Kein Kommentar, oder laschet Sie mich es so auschdrücken: „Pussycat, pussycat, I love you, yes, I do, you and your pussycat lips, you and your pussycat eyes, you and your pussycat …“, Schäuble schnaubt vernehmlich durch sein Katernäschen, „… nose“.
Paul Mieziak, nein, Ziemiak, jetzt erst bemerken wir, dass seinen blütenweißen Einteiler der Insider-Glitzerschriftzug „Growltiger, mein größter Erfolg“ ziert, tätschelt Rum-Tum-Tugger-Schäuble bemüht liebevoll am Rücken. Der alte Kater brummt’s zufrieden, dann rollt er mitten in die laufenden Aufnahmen hinein. Napf- und Fraktionsvorsitzender Ralph Brinkmaushaus stöhnt auf, vier CDU-Katzenvideos und ein laut Ziemiak „total abgefahrener Tiktok-Katzenschnipsel“ sind hier und heute in der Kurt-Biedenkopf-Stube bereits ohne längere Zwischenfälle abgedreht worden. Im laufenden fünften viral virilen Katzenvideo vermasselt es Schäuble mal wieder.
Drehbuchskript für die „CDCU“
Ziemiak kramt aus seinem Motto-Einteiler ein Drehbuchskript für „CDCU“ heraus. Umständlich entfaltet er es zwischen seinen Krallen. Was die Abkürzung CDCU bedeutet, wollen wir vom Macher von Growltiger erfahren. „Nun, ganz einfach“, Ziemiak alias Gus, der Theaterkater, lächelt mondgesichtig: „ChristlichDemokratischeCatsUnionDeutschland!“
Dann schnurrt er den Plot für das Musical CDCU runter: „Jedes Jahr einmal kommt auf einer Berliner Müllkippe eine große Katzenschar zusammen, um den Ball der Kreisvorsitzenden zu feiern. Nach der Ouvertüre springen die Katzen nacheinander auf die Bühne und erzählen, was Kreisvorsitzendenkatzen sind. Danach erklären sie, wie schwierig es ist, geeignete Namen für die Katzen zu finden. Die junge, einzige rein weiße Katze Dorobär eröffnet …“, hier stutzt Gus Ziemiak polternd, „die ist ja gar nicht von der CDCU, sondern von der CSCU!“, dann fährt er fort, „… mit einem Tanz die Einladung zum Kreisvorsitzendenball. Kater Jens Munkustrap erklärt, dass am Ende des Balls eine Katze, nämlich er, Jens Munkustrap, als Oberkatze erwählt wird, wiedergeboren zu werden und ein neues Katzenleben als Chef zu bekommen“. Gus Ziemiak kriegt Maulstarre, dann trägt er weiter vor.
Rock-’n’-Roll-Kater Schäuble
„Als Erstes wird Angela Merkel, die alte Gumbie-Katze, vorgestellt. Sie schläft den ganzen Tag, doch jede Nacht bringt sie den Mäusen und Kakerlaken Manieren bei. In diese Szene platzt Rum-Tum-Tugger, der Rock-’n’-Roll-Kater Schäuble, den die weiblichen Katzen sehr attraktiv finden …“ Leise knurrend lässt Gus Mieziak das Drehbuchskript sinken, reibt es sich erkennbar zweifelnd unter die Nase. Aber was ist das nun schon wieder? Im Alu-Türrahmen der Kurt-Biedenkopf-Stube erscheint echt jetzt, kein Witz, eine echte alte Katze!
Es ist Grizabella, die Doppelgängerin der alten Gumbie-Katze Angela Merkel. Einst war sie die berühmte und schöne Glamour-Katze, doch verließ sie den Clan, um die Welt zu entdecken. Nun wollen die Katzen sie nicht mehr annehmen. Doch wer ist Grizabella wirklich? Die Doppelgängerin von Angela Merkel? Egal! Pfote an Pfote ziehen die beiden schnurrend aus der Kurt-Katzenkopf-Stube aus und überlassen die CDCU alias CDU ihrem ungewisen Schicksal. Miau!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern