piwik no script img

Die WahrheitGlotzen mit Tiger

Die Aufteilung von Besitztümern nach dem Beziehungsende ist schwierig genug. Aber was, wenn auch noch ein fernsehabendtauglicher Kater im Spiel ist?

H erbie hatte nicht lange mehr im Café Gum verkehrt. Er war schon vor Jahren in einem Rückenkurs der Krankenkasse einer Buchhändlerin über den Weg gelaufen und mit ihr ruckzuck in ein Reihenhaus in der Klosterwaldsiedlung gezogen. Seitdem war er aus unserer Welt verschwunden.

Jetzt stand er wieder an der Theke. Er war mit einem großen Rucksack bei Raimund aufgetaucht und schlief bei ihm auf dem Sofa, und als er hinaustrat auf die Uferterrasse des Gum und einen Ring in den Fluss warf, begriff auch der Dümmste, dass die Reihenhausgeschichte zu Ende war. Das war nichts Besonderes, man kannte das.

„Aber die Sache mit dem Kater“, sagte Raimund, „ist eine Schweinerei!“ – „Mmh“, machte Herbie und nickte. „Ich will ihn ja nur ab und zu mal am Wochenende zu mir holen, sobald ich wieder eine eigene Wohnung hab“, sagte er. Die Buchhändlerin aber war knallhart. Der Kater gehörte ihr, sie hatte ihn damals zusammen mit ihren anderen Sachen in das Reihenhaus gebracht und konnte sich jede Gemeinheit leisten. „Keine Besuche, keine Übernachtungen, keine Fernsehabende auf dem Sofa!“, hatte sie mit teuflischem Grinsen gezischt, als sie Herbie den Rucksack in den Arm drückte und ihn aus der Reihenhaustür schubste.

Sie wusste, dass ihn das fertigmachte. „Ich habe mich schließlich an ihn gewöhnt, besonders in der letzten Zeit, als sie abends gar nicht mehr zu Hause war und sich ständig mit irgendwelchen Freundinnen zu halblegalen Zumba- oder Poweryogaevents getroffen hat. Ich lag auf dem Sofa und Tiger lag auf meinem Bauch und schnurrte. Mir wird innerlich eiskalt, wenn beim Fernsehen nicht wenigstens ab und zu eine Katze auf meinem Bauch liegt!“

„Wir müssen etwas tun!“, sagte Raimund: „Ich werde noch mal mit ihr reden, die Frau kann doch kein Monster sein.“

Am nächsten Tag fuhren wir mit Herbie zur Reihenhaussiedlung. Raimund klingelte und die Buchhändlerin riss die Tür auf. Sie sah schlimm aus, denn ihr Gesicht war mit blutigen Kratzspuren übersät. „Oh … äh, hallo“, sagte Raimund, „es geht noch mal um den Kater. Wir …“

„Den Kater?!“, kreischte die Buchhändlerin: „Wollt ihr ihn mitnehmen?!“ – „Ja … äh, nein, also …“, stotterte Raimund. „Sofort!“, brüllte sie. Sie knallte die Tür zu, kehrte aber nach wenigen Sekunden zurück und warf uns einen Katzenkorb, eine Katzentransportbox samt fauchendem Tiger und ein Katzenklo vor die Füße.

„Da!“, kreischte sie: „Nehmt ihn mit! Der ist ja völlig irre, seitdem ich seinen blöden dicken Sofakumpel rausgeschmissen hab!“ – „Aber nein“, stotterte Raimund, „Herbie will ja nur ab und zu, und auch erst, wenn er wieder eine eigene Wohnung …“

Doch schon knallte sie die Tür abermals zu, und zum ersten Mal sahen wir Herbie wieder lächeln – zumindest so lange, bis Raimund ihm eröffnete, dass er eine Katzenkloallergie habe und Herbie und Tiger sich daher umgehend woanders ein freies Sofa suchen müssten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Joachim Schulz
Joachim Schulz wurde 1963 an der Nordseeküste geboren und in Regen, Wind und Nebel großgezogen. Er lebt mittlerweile in einer kleinen Welt in der hessischen Provinz, wo unablässig die großen Fragen des Lebens erörtert werden, und ist seit 1996 im Einsatz für Die Wahrheit.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Is etwas platt aus Kalau* - But.



    Katzenklo - Helge laß gehn =>



    m.youtube.com/watch?v=RZq3_mASEbo

    unterm—— * servíce —-



    “Wir werden uns eines Tages für jeden ausgelassen Kalauer -



    Verantworten müssen!“ Harry Rowchet in memoriam -



    Außerdem entre nous - ist Helge - durchaus passend - in famelie nicht ganz unhelgel.



    Wie Sohnemann mal zu berichten wußte