Die Wahrheit: Das Schimmern einer Tolle
Der Hildesheimer Regisseur Wenzel Storch verfilmt das prächtige Leben des unvergessenen Donald Trump – auf dessen Wunsch.
Was macht eigentlich Donald Trump? Um den einstigen US-Präsidenten ist es verdächtig still geworden. Doch Kenner des GröPraZ (Größten Proleten aller Zeiten) wissen, dass der charismatische Schlawiner mit der beneidenswerten Tolle sich keineswegs in eine eisige Grönland-Wohnanlage für abgehalfterte und halbseidene Medien-Four-Years-Wonders zurückgezogen hat, um dort verbittert an seinem Schlindern übers diplomatische Parkett zu arbeiten. Der Mann ist viel geschickter: Er hat den größten deutschen Regisseur darum gebeten, sein Leben zu verfilmen.
Wenzel Storch ist bekannt für seine prächtigen Werke „Sommer der Liebe“ oder „Die Reise ins Glück“. Im Gespräch mit der taz erklärte Deutschlands Filmemacher Nummer eins: „In der E-Mail seines Marketingchefs fand ich inspirierende Worte: ‚Der freischaffende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bittet auf diesem Weg den größten deutschen Regisseur darum, sein Leben zu verfilmen. Er wird es ihm fürstlich entlohnen.‘ Zuerst habe ich mich ein wenig darüber gewundert, dass Donald Trump mich so fürstlich dafür bezahlen wollte, mein Leben zu verfilmen. Aber die Idee fand ich gut. Ich habe mit Freunden ein Bier getrunken und machte mich also gleich an die Arbeit.“
Ab sofort gab es für Wenzel Storch kein Halten mehr. Wochenlang vertiefte er sich in alte Kataloge, er riss Senioren ihre Tapeten und Teppiche aus den Händen, er hörte Schlager aus dem Miozän und begann, ein herrliches Himmelbett aus Klopapierrollen, Backblechen, Lampenschirmen, selbstgefertigten Teppichklopfern, verstaubten Hostien, nickenden Plastikblumen, Makramee-Eulen, Pril-Stickern und allem, was sonst nicht bei drei auf den Bäumen war, zu bauen. Und wenn mal irgendetwas doch bei drei auf den Bäumen war, wurde es auch eingebaut – samt Bäumen. Das alles versah er mit Blattgold und Diamanten, er fing eigenhändig einen Bären, weil er meinte, dass ein Bär gut in seine Filmbiografie passen würde.
Igel in Knetgummifalle
Dann hatte Wenzel Storch die zündende Idee, die das Ganze erst richtig rund machen sollte: Er lockte unter vollstem Einsatz seines Lebens auch noch eine Schnecke und ein paar Igel, die drollig umeinander tanzten, in eine Knetgummifalle und versah sie mit in allen Farben schimmernden Metallperücken und Gewändern aus den ausgedienten seidenen Prachtdecken ehemaliger Saumtiere. Es war wahrlich ein Fest für die Sinne.
Doch dann die Ernüchterung: „Nachdem ich Trump die ersten Takes meines Filmes über dieses Internet zugeschickt hatte, wurde der fuchsteufelswild und schnauzte mich um fünf Uhr morgens an, dass ich verdammt noch mal nicht mein Leben, sondern verdammt nochmal sein fucking Leben verfilmen sollte. Das hatte ich anders verstanden. Aber gut, ich beschloss, die schon vorhandenen Aufnahmen in den Trump-Film einzubauen. Das einzige Problem war, dass Trump in diesem Film plötzlich auch selbst vorkommen wollte, den hatte ich aber eigentlich gar nicht eingeplant.“ Jetzt war guter Rat teuer.
Doch Wenzel Storch wäre nicht er selbst, wenn er nicht auch hierfür eine Lösung gefunden hätte. Da Trump sich entschieden weigerte, für Probeaufnahmen nach Hildesheim zu reisen, obwohl Wenzel Storch ihm sogar ein Zimmer im Ibis-Hotel vermittelt hätte, hatte der Regisseur einen wunderbaren Einfall: Er wollte einen Trump-Lookalike einsetzen! Doch Boris Johnson behauptete steif und fest, momentan wirklich nicht zu können und anderweitig mit Brexit-Geschichten beschäftigt zu sein.
Mittlerweile hatte allerdings Claudia Roth Wind bekommen von der aufregenden Angelegenheit, die durch nicht näher zu identifizierende Sicherheitslücken viral gegangen war. Die grüne Spitzenpolitikerin ließ „über Quellen“ wissen, dass sie gerade Zeit hätte und „für jeden Spaß zu haben“ sei. Doch Wenzel Storch gefiel ihre brüchige Stimme nicht. Trumps herrlichem Vokalorgan würde sie nicht gerecht werden können.
Feuermelder in Rot-gelb
Die Dreharbeiten zogen sich auch ohne Hauptdarsteller bereits ein paar Tage hin, aber Wenzel Storch ließ die Zeit selbstverständlich nicht ungenutzt verstreichen: Zuerst brachte er seine Katze zum Tierarzt, dann betrachtete er lange ein Wolkengebilde, und schon ging es weiter! Der Filmirrwisch riss in einer geheimen Nacht-und-Nebel-Aktion einen Feuermelder aus seiner Verankerung im Asphalt, strich ihn rot-gelb an und stellte mit ihm und der Stop-and-Motion-Technik und ein paar farbenprächtigen Requisiten Trumps gesamtes Leben nach. Das alles fügte sich wunderbar in die schon vorhandenen Aufnahmen.
Donald Trump gefiel der Film zwar nicht besonders gut, aber Wenzel Storchs Fangemeinde tobte vor Begeisterung, und schließlich gewann das Meisterwerk mit dem Titel „Das Schimmern einer Tolle“ sogar einen Oscar. Wenn auch nur in der Sparte „Bestes Make-up“.
Donald Trump hat sich mittlerweile in eine unwirtliche Grönland-Wohnanlage für abgehalfterte und halbseidene Medien-Four-Years-Wonders zurückgezogen, um dort verbittert an seinem – schon in der Wurzel zum Vertrocknen verurteilten – Comeback auf der politischen Weltbühne zu basteln. Hollywood hat derweil seine langen Tentakel nach dem Hildesheimer Wonderboy ausgestreckt. Die Zukunft des Films strahlt in Storchoscope.
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