Die Wahrheit: Die Schaukel des Verderbens
Korruption unter Politikern ist auf der Grünen Insel gang und gäbe, nimmt aber manchmal seltsame und tückische Wege.
W er in die Politik geht, will reich werden. Das gilt zwar nicht für alle Politiker, aber für viele. Manche ergattern Aufsichtsratsposten in Wirtschaftsunternehmen, andere werden für Lobbyarbeit bezahlt, und manche lassen sich bestechen.
Das gilt auch für Irland, aber hier gibt es noch eine weitere Möglichkeit, die bei Volk und Volksvertretern gleichermaßen beliebt ist: die „compensation culture“, also die Schadensersatzkultur. Deirdre Conroy, die von der konservativen Regierungspartei Fianna Fáil als Kandidatin bei der Nachwahl in Süd-Dublin im Juli aufgestellt worden ist, hat einen Reiseveranstalter verklagt.
Conroy hatte auf Einladung von Crystal Holidays einen kostenlosen Skiurlaub im andorranischen Arinsal, einem Dorf auf der Iberischen Halbinsel, verbracht. Dabei war sie gestürzt und hatte sich die Hüfte gebrochen. Schuld sei der Skilehrer gewesen, weil er nicht auf sie aufgepasst habe, behauptet sie, und darüber hinaus habe viel zu wenig Schnee gelegen.
Der Sturz hatte einen „verheerenden Einfluss auf meine Lebensfreude und meine Teilnahme an allen möglichen Aktivitäten“. Sie könne ihren Hobbys, zum Beispiel Segeln, nicht mehr nachgehen, erklärte sie. Zum Glück hat sie aber noch andere Hobbys. Conroy postete zur Freude des Reiseveranstalters auf Facebook Fotos, auf denen sie im Schwimmbecken, auf einem Motorrad und auf dem Rücken eines Pferdes zu sehen ist. Außerdem prahlte sie, dass sie mit Golfspielen angefangen habe.
Wie der Fall ausgehen wird, ist ungewiss. Aber das Schicksal ihrer Kollegin Maria Bailey von Fianna Fáils ebenso konservativem Koalitionspartner Fine Gael sollte ihr zu denken geben. Deren Schadensersatzklage hat ihre politische Karriere beendet. Sie hatte das Dean Hotel in der Dubliner Innenstadt verklagt, weil sie in dem Hotel von einer Schaukel gefallen war. Danach konnte sie drei Monate nicht mehr laufen, behauptete sie.
Allerdings nahm sie schon drei Wochen nach dem Sturz an einem Zehn-Kilometer-Wettlauf teil. Außerdem stellte es sich heraus, dass sie beim spätabendlichen Sturz ein Bier und eine Flasche Wein in den Händen gehalten hatte. Dennoch meinte sie, das Hotel habe die Aufsichtspflicht verletzt. Eine Abgeordnete, die eigentlich die Geschicke des Landes lenken soll, kann offenbar nur unter Aufsicht schaukeln.
Da ihr Fall aussichtslos erschien, zog sie ihre Klage zurück. Stattdessen forderte sie Schadensersatz von der irischen Ausgabe des Daily Mirror, weil der süffisant über „Swinggate“ berichtet hatte. Das war selbst ihrer gewiss nicht zimperlichen Partei zu viel. Sie wurde vor den letzten Wahlen von der Liste gestrichen und verlor ihren Abgeordnetenposten. Obendrein musste sie knapp 2.000 Euro Spesen zurückzahlen, weil die Belege dafür fehlten. Wahrscheinlich sind sie beim Schaukeln aus der Jacke gerutscht. Bailey sollte die Boutique verklagen, weil die ihr eine Jacke mit zu kleinen Taschen verkauft hat.
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