Die Wahrheit: Dinosaurier im Lockdown
Neues aus Neuseeland: Dieses Mistding von Virus hat es bis ans Ende der Welt geschafft. Jetzt soll es möglichst wieder zurückgeschickt werden.
S eit einer Woche schlummern wir im Dornröschenschlaf. Doch draußen toben die wilden Kerle: all jene, die sich anfangs dem rigiden Lockdown entziehen wollten. Obwohl viele Kiwis einen Gemüsegarten, Kühe und Ausblick auf Strand oder Berge haben, können sie als Freiheitsliebende und Outdoor-Vernarrte nur schwer einfach still zu Hause rumzusitzen. Daher haben wir jetzt plötzlich Dinosaurier unter uns.
Eigentlich begann der Trend in Spanien. Wie der Virus, der ihn verursacht hat, verbreitete er sich bis an unser Ende der Welt. In Murcia hatte ein Mann trotz Ausgehverbots seinen Müllweg weggebracht – verkleidet mit einem Dinosaurierkostüm. Die Polizei hielt ihn an und wies ihn darauf hin, dass ein Hund zwar ins Freie dürfte, T-Rex jedoch nicht. Das Video dazu stellten sie dann ins Netz – mit Musik aus „Jurassic Park“.
Vor einer Woche, nur wenige Stunden nach dem Lockdown in Neuseeland, watschelte ein mannshoher roter Dinosaurier durch die Straßen von Napier. Auch er wurde von der Polizei gestoppt. Unter der Gummiverkleidung verbarg sich ein 12-Jähriger, der laut Aussage seines Vaters nur den Lastwagenfahrern ein bisschen Freude bereiten wollte. Es dauerte keinen Tag, bis ein weiterer Dino in Christchurch gesichtet wurde.
„Hört auf, uns zu verarschen“, warnte die Polizei voriges Wochenende aufmüpfige Verkleidungskünstler wie Sportbürger. In manchen Parks wurde noch Rugby und Frisbee gespielt, an einigen Stränden gesurft – alles verboten, obwohl „Bewegung an der frischen Luft“ empfohlen wird. Eine Grauzone. Plötzlich mutieren alle halbwegs fitten Kiwis zu Edmund Hillarys und wollen Bergtouren machen.
Backpacker back to pack!
Auf Great Barrier Island, einer abgelegenen Insel vor Auckland mit gerade mal 800 Bewohnern, kam es zum Streit mit Yachtbesitzern, die dort an der Marina anlegen wollten. Auch gestrandete Backpacker, auf der Suche nach einer Last-Minute-Unterkunft im Lande, wurden als Virenschleudern angepöbelt. Da Kiwis sich ungern direkt kritisieren, nahmen die Denunziantenanrufe bei der Polizei schlagartig zu.
Im Visier der Öffentlichkeit steht plötzlich auch Gloriavale, eine abgeschottete fundamentalistische christliche Sekte an der Westküste – genauer, ein gebärfreudiges Mini-Gilead mit 500 Blaugewandeten. Die Sektenführer setzen sich über alle weltliche Medizin hinweg und isolieren keine der kinderreichen Familien wie vorgeschrieben in einer „Bubble“. Denn das Virus, so predigen sie, komme vom Teufel, nicht vom Einkauf ohne Desinfektion.
Da freut man sich in all der Verwirrung, dass komplizierte Fragen über den Lockdown von der Premierministerin persönlich beantwortet werden. Jacinda Ardern war gestern wieder im Live-Chat. Beim letzten Mal hatte sie zu Hause gerade ihr Baby ins Bett gebracht. Nach Klein-Neve fragten einige, nach Dinosauriern niemand.
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