piwik no script img

Die WahrheitFrühling wie früher

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich Leserschaft an einem Poem über verlorene Freuden der schönen Jahreszeit erfreuen.

Foto: Wolfgang Maria Weber

Die Sonne grinst wie im August,

Die Kaffeekellner schwächeln.

Im Stadtpark brutzelt eine Brust,

Und ein paar Greise hecheln.

An kahlen Bäumen sprießt schon was,

Es riecht auf allen Wegen.

Das macht des Dichters Auge nass,

Uns schlägt es auf den Bregen.

Wir schlendern zu dem Flüsschen hin,

Das plätschert froher stündlich.

Und Häuser stehen auch darin,

Die putzt es schön und gründlich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Frühling

    Die Bäume im Ofen lodern.



    Die Vögel locken am Grill.



    Die Sonnenschirme vermodern.



    Im übrigen ist es still.

    Es stecken die Spargel aus Dosen



    die zarten Köpfchen hervor.



    Bunt ranken sich künstliche Rosen



    in Faschingsgirlanden empor.

    Ein Etwas, wie Glockenklingen,



    den Oberkellner bewegt,



    mir tausend Eier zu bringen,



    von Osterstören gelegt.

    Ein süßer Duft von Havanna



    verweht in ringelnder Spur,



    ich fühle an meiner Susanna



    erwachende neue Natur.

    Es lohnt sich manchmal, zu lieben,



    was kommt, nicht ist oder war.



    Ein Frühlingsgedicht, geschrieben



    im kältesten Februar.

    Ringelnatz, Joachim (1883-1934)