Die Wahrheit: Der Herr der Herrschaftsprosa

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Diesmal darf sich die Leserschaft an einem Poem über den schweigenden Regierungssprecher erfreuen.

Foto: Stefan Boness/Ipon

Ich weiß, ich bin Regierungssprecher.

Wie leicht sich so was spricht …

Ich bin ja nicht mal Zungenbrecher,

denn meistens sprech ich nicht.

Ich sitz nur da und höre Fragen

von Pressefritzen und bin still.

Und danach soll ich allen sagen,

was meine Herrin meint und will.

Wenn das doch man so einfach wäre!

Nichts wüsst ich lieber ja selbst auch.

Wenn ich so dasitz und erkläre,

dann sitz, nein, steh ich auf dem Schlauch.

Das Unsagbare auszufüllen,

ist doch gelebter Wittgenstein.

Ich bin ja nicht der Typ zum Brüllen,

bei mir muss es schon Schweigen sein.

Rein sprachlich hat der Nichtgedanke

kein Subjekt und kein Prädikat,

wirkt aber gleich dem Zaubertranke

und lenkt als Nichtsprech diesen Staat.

Natürlich gibt es diese Tage,

da bin ich groß medial im Bild.

Mein Blick gleicht dann stets stummer Frage,

aus der fast eine Träne quillt.

Zu Haus bin ich kein Mauerbrecher,

doch amtlich steh ich meinen Mann,

der wie nur ein Regierungssprecher

mit Mauern Schweigen brechen kann.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.