Die Wahrheit: Suu Kyi geht nicht ans Telefon
Der grauhaarige Wichtigtuer Bob Geldof malträtiert die Öffentlichkeit immer wieder mit viel Humbug. Auch dieses Mal enttäuscht Geldof nicht.
J edes Land hat ein paar Klotzköpfe, die dem Rest der Nation peinlich sind. In Irland geht der erste Preis dafür an Bob Geldof. Der schlichte Ex-Musiker und selbst ernannte Weltretter, der mit den Boomtown Rats im vorigen Jahrtausend einen Hit landen konnte, lechzt stets nach öffentlicher Aufmerksamkeit, doch die Öffentlichkeit zeigte sich in letzter Zeit desinteressiert. Da kam er vorigen Montag auf die Idee, seine Dubliner Ehrenbürger-Urkunde zurückzugeben.
Burmas Regierungschefin Aung San Suu Kyi sei 2012 in Dublin „extravagant empfangen“ worden, begründete der Musiker seinen Schritt. „Und nun stellt sich heraus, dass sie ein Killer ist.“ Er wolle nicht auf derselben Ehrenbürgerliste wie sie stehen, da sie die Verfolgung der Rohingya in ihrem Heimatland nicht unterbunden habe.
Geldof hat seine politische Expertise bereits 2016 unter Beweis gestellt, als er die Rebellen vom Osteraufstand 1916 in Dublin, der den Grundstein für die irische Unabhängigkeit legte, mit den Terroristen vom „Islamischen Staat“ auf eine Stufe stellte. Mit dieser Dämlichkeit schaffte er es immerhin in die Kurzmeldungsspalten der Presse, aber das reichte seinem Ego nicht, sodass nun eine vermeintlich große Geste hermusste.
Der grauhaarige Wichtigtuer sagte, er sei in ständigem Kontakt mit Bono, dem Sänger von U2. Der habe „mehrmals versucht, seine Freundin Suu Kyi anzurufen, aber sie hat die Anrufe nicht angenommen“, berichtete Geldof. Bono und U2 haben die Dubliner Ehrenbürgerschaft übrigens am selben Tag wie Suu Kyi erhalten, aber sie bisher nicht zurückgegeben.
„Wir sind eine Band“, sagte Bono, „und ein Einzelner kann eine solche Entscheidung nicht treffen.“ Haben die anderen Bandmitglieder seine Anrufe ebenfalls nicht entgegengenommen? Oder hatte er keine Zeit, bei ihnen nachzufragen, weil er sein Erspartes in irgendwelchen Steueroasen anlegen musste? Dass er in den Paradise Papers wieder mal als professioneller Steuervermeider geoutet wurde, ist so überraschend wie die Nachricht, dass der Papst ein Katholik ist.
Dublins Bürgermeister Micheál Mac Donncha von Sinn Féin sagte, es sei doch ulkig, dass Geldof die Auszeichnung als Großoffizier des Ordens des britischen Weltreichs „trotz der beschämenden Bilanz des britischen Imperialismus in der ganzen Welt“ behalten habe. Außerdem berate der Stadtrat zurzeit auch ohne Sir Bobs Intervention über Suu Kyis Ehrenbürgerschaft. Es gibt einen Präzendenzfall: 1915 hat man dem deutschen Keltologen Kuno Meyer die Ehrenbürgerschaft wegen des Ersten Weltkriegs aberkannt, sie ihm 1920 aber wieder verliehen.
Suu Kyi hat 1991 den Friedensnobelpreis erhalten. Da Geldof ihn nie bekommen hat, kann er ihn nicht zurückgeben. Aber er will der erste Ire im Weltall werden und hat sich für 100.000 Dollar einen Platz im Raumschiff reserviert. Bliebe er im All, um nicht auf derselben Erde wie Suu Kyi zu laufen, wäre das eine Geste, von der man überaus dankbar Notiz nähme.
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