Die Wahrheit: Manuel Makrone, übernehmen Sie!
Zum Auftakt der französischen Woche: Wo bleibt er bloß, der hiesige Heilsbringer? Morgen: Corinna Stegemann über die französische Revolution.
Deutschland, just nach der Bundestagswahl. Die Sozialdemokraten sind am Boden, die Christdemokraten so unsexy wie eh und je, die Freien Demokraten komplett unzurechnungsfähig, während Linke und Grüne wieder mal lustlos vor sich hin wurschteln. Die Angst geht um: dass die AfD noch größer wird, in den nächsten vier Jahren sämtliche demokratische Parteien überflügelt und 2021 stärkste Kraft im Land wird.
Nur einer könnte das verhindern: eine Lichtgestalt wie Emmanuel Macron, einer, der die Menschen mitreißt, der sie da abholt, wo sie sind, ob in „Udo’s Saufeck“ unter der Kneipentheke, angekettet in der Küche oder in einem der 2.000.000 trostlosen Großraumbüros dieses Landes.
Man erinnere sich nur an den französischen Frühling 2017. Da kam dieser einzelne, blendend aussehende Typ und katapultierte die ganze Grande Nation in kollektive Euphorie. Boulanger buken plötzlich die tollsten Baguettes, die Kühe auf den Schmelzkäseecken lachten noch irrer, die dicksten Citroëns rollten vom Fließband, der Speichel alleinstehender bretonischer Witwen schäumte über wie die Wellen des Atlantiks, ja ein ganzes Land erwachte aus der Lethargie wie Frère Jacques aus dem großen Bordeaux-Suff. Wenn auch nicht mehr ganz so beliebt wie in jenen Frühjahrstagen, ist Macron noch immer für Frankreich „ein Glücksfall“ (Christian Lindner über sein größtes Idol), geliebt, vergöttert, von der Front National gehasst.
Auch wir Deutschen könnten so einen Heilsbringer und Motivator mal wieder gut gebrauchen. Willy Brandt ist tot, Rudi Dutschke ist tot, Franz Beckenbauer ist tot (fast), Michael Fassbender im Kindesalter nach Irland emigriert und Elyas M’Barek weigert sich stoisch, sich zu blondieren und blaue Kontaktlinsen zu tragen.
Für Momente war Martin Schulz im Gespräch, doch seine schlaffen Argumente und Pomuskeln konnten sich nicht recht durchsetzen. KT zu Guttenberg hatte alles, außer irgendwas Mitreißendes. Markus Lanz hätte vom Aussehen her durchaus das Zeug dazu, aber nicht vom Intellekt. Tagesschau-Sprecher Jens Riewa hat offensichtlich keine Beine, und der zauberhaften Katarina Barley fehlt die nötige Distanz zu den Volksparteien und außerdem der Penis.
Wo also bleibt der „deutsche Macron“ (FAZ), der das „deutsche Volk“ (SZ) wieder zusammenschweißt, der Rheinländer und Sachsen, Braunkohle-Veteranen und Windkraft-Hipster, Steinmetze und Steinewerfer, Alt und Sehralt selig miteinander vereint? Vor Kurzem besang der Focus „Die Rückkehr der schönen Männer in die Politik“. Der einzige Deutsche darunter: Christian Lindner! Doch, Problem: 17 Zentimeter zu klein, kognitiv wohl nicht ganz auf der Höhe und seine Anzüge sind leider ein Tickchen zu edel.
Denn, wichtig: Ein deutscher Macron ist kein französischer Macron. Ein deutscher Macron muss sich den hiesigen Verhältnissen anpassen, den spezifisch deutschen Anforderungskatalog erfüllen. Das hier ist nicht das Land von Coco Chanel und Champagner-Bistros, das hier ist das Land von Trigema-Badehosen und Kaffeestübchen am Kurpark. Ein deutscher Macron muss passen. Zu uns.
Grützwurst my love
Sprich: Ein deutscher Macron ist immer pünktlich. Er isst Labskaus und westfälische Grützwurst, ohne zu klagen, und macht seinen jährlichen Jetset-Urlaub auf dem Darß. Er kann die Unabhängigkeitsbestrebungen Bayerns weglächeln, den Wirtschaftsaufschwung Frankreichs und sämtliche ZDF-Komödien. Ein deutscher Macron kann alle 13 Flüsse der Pfalz aufsagen und alle „Tatort“-Triebtäter seit 1970. Er findet es gut, dass Frauen wählen dürfen, „because it’s 2017“.
Er sieht gut aus, aber nicht zu gut, ist gebildet, aber nicht zu gebildet. Er ist voller Weltschmerz, aber niemals depressiv. Ein deutscher Macron verkörpert deutsche Tugenden, oszilliert zwischen Selbsthass und Größenwahn permanent hin und her. Er sagt „Bitte schön“ und „Danke schön“, und zwar komplett unironisch. Und natürlich ist er von angemessener Herkunft. Sein Vater ist Geschichtsprofessor (Schwerpunkt: Frühgeschichte des deutschen Waldes), seine Mutter Anti-AKW-Aktivistin mit schlesischem Migrationshintergrund. Ein deutscher Macron ist aufgewachsen in einer deutschen Kleinstadt, die Bodenständigkeit verkörpert, aber auch ein Quäntchen Glamour versprüht, wie Arnis in Schleswig oder Rerik bei Rostock.
Er kann Grundsatzreden, aber auch Grundsatzgebete und deutsche Grundsatzrezepte, wie Bratkartoffeln oder Kaffee mit Korn, aus dem Effeff aufsagen. Er liebt den deutschen Wald und hasst den französischen. Er verspricht den ganz großen Neuanfang (saubere Kohle, Flaschenpfand jetzt auch auf Saft-PET-Flaschen).
Nur ein bisschen lasterhaft
Ein deutscher Macron spricht besser Englisch als die Schaffner der Deutschen Bahn, aber nicht so gut wie der Deutsche Bank-Chef John Cryan, das mögen die Deutschen nicht, da fühlen sie sich unterlegen. Ein deutscher Macron hat ein Laster, aber nur ein kleines (gut: E-Zigaretten). Er ist so bodenständig, dass er nur Hemden in Erdtönen trägt, und sparsam wie kein zweiter, hat drei Bausparverträge, immer noch sein altes Knax-Konto und stets ein paar gebügelte D-Mark-Scheine unter dem Kopfkissen, für alle Fälle.
Ein deutscher Macron ist immer geradeheraus, vor allem auf Gehwegen ohne Abzweigung und auf langen Brücken. Er kann mit den einfachen Leuten (Til Schweiger, Markus Söder), aber auch mit den komplizierten (Recep Tayyip Erdoğan, Tante Hilda). Er beherrscht das deutsche Savoir-vivre, von Frühschoppen über DFB-Gesänge bis Klappstullen in Alufolie, gnadenlos.
Ein deutscher Macron macht im Schiesser-Schlüpfer wie in SEK-Montur gleichermaßen eine gute Figur. Er trägt keine Tennissocken, außer die aparten schwarzen, und lässt an seine Haut kein Make-up im Wert von 30.000 Euro, wie dieser eitle Froschfresser Emmanuel, sondern nur Wasser und Haushalts-Kernseife zu 1,99 Euro. Ein deutscher Macron hat einen größeren Penis als ein französischer, englischer oder niederländischer Macron, aber keinen so großen wie ein irischer.
Ein deutscher Macron heißt typisch deutsch, jedoch mit einem Stich ins Extravagante: Mueller oder Schmitt mit Doppel-t. Oder, der Einfachheit halber, Manuel Makrone. Oder Manuel Mandelsplitter? Ideal wäre Manuel Backware, sodass jeder sofort weiß: Hier kommt ein Staatsmann mit Bodenhaftung, gemütlich und weltgewandt zugleich. Und wie heißt seine neue Partei? Nicht „Vorwärts!“, nicht „Deutschland im Gleichschritt“ und lieber nicht „Deutschland marschiert“. Besser: „Deutschland auf Wanderschaft“, „Deutschland in flotter Gangart“ oder „Deutschland stiefelt los“.
Zusammengefasst: Ein deutscher Macron hat den eichenhaften Körperbau von Jens Spahn (angefragt), den goldigen Blick von Matthias Schweighöfer, die Rattenfängerstimme von Roy Black, die Telegenität von Ingo Zamperoni, die knuffigen Pobacken von Robert Habeck und die Anzüge von Peek & Cloppenburg, aber nur die von der Stange. Ein deutscher Macron kommt aus dem Nichts und er geht ins Nichts, aber das erst nach 2025.
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